PLUTAnews Ausgabe 27
Wir helfen Unternehmen.

Von der Fiktion zur Realität

Dezember 2023

Künstliche Intelligenz (KI) wird die Art, wie wir arbeiten und leben, deutlich verändern – von der Automatisierung einfacher und stets wiederholender Aufgaben bis hin zur Schaffung komplett neuer Berufsbilder.

„Greetings Professor Falken!“ Für IT-Kenner die Referenz an den Science-Fiction-Film WarGames (Kriegsspiele) von 1983. Die Grußformel des fiktiven Militärcomputers „Joshua“ an seinen ebenso fiktiven Schöpfer Prof. Stephen Falken hat ganze Hackergenerationen geprägt. Der Film selbst führte zur Verabschiedung des Computer Fraud and Abuse Act of 1986, dem ersten amerikanischen Gesetz zur Cybersicherheit. Denn nachdem Präsident Ronald Reagan seinen Stab untersuchen ließ, ob die im Film abgebildeten Risiken für die damalige IT-Infrastruktur der Vereinigten Staaten realistisch seien, erhielt er zu Antwort: „Herr Präsident, es ist noch viel schlimmer.“

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Fazit

Bestimmte juristische und wirtschaftliche Tätigkeiten können bereits heute durch Automatisierung unterstützt und manche sogar ersetzt werden. KI-Programme werden viele Arbeitsprozesse erleichtern und die Effizienz steigern. Wenn es allerdings um Beratung und strategische Themen geht, wird auch künftig die Expertise von Menschen gefragt sein.

SANIERUNGaktuell

In der Krise – Vier Branchen unter der Lupe
In der Krise – Vier Branchen unter der Lupe

Notfall: Pflegeheime und Pflegedienste

Die Zahlen sind alarmierend: In einer Umfrage unter rund 2.500 Pflegeheimen und ambulanten Diensten sehen fast 70 Prozent ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet. Der Blick in die Statistik zeigt: 2023 waren bereits tausende vollstationäre Pflegeplätze von Insolvenzen oder Schutzschirmverfahren betroffen.

Die Betreiber von Pflegeeinrichtungen stecken, wie Krankenhäuser, in der Krise. Sie kämpfen mit stetig höheren Kosten. Zudem belastet der Fachkräftemangel die Unternehmen. Verbände weisen darauf hin, dass diese Entwicklungen auch zu einem sog. stillen Kapazitätsabbau führen – und damit zu weniger Plätzen für die Versorgung der Patienten und Klienten, obwohl im Gegenzug die Bevölkerung immer älter wird.

Ein wichtiger Ansatz, um einen rentablen Betrieb zu gewährleisten, ist daher zunächst ein genauer Blick auf die Auslastungsquoten der Einrichtungen. Diese sind realistisch zu kalkulieren und ihr Ansatz in den Pflegesatzverhandlungen mit den Kostenträgern durchzusetzen. Auch die Kostenfaktoren müssen auf den Prüfstand, dazu zählen beispielsweise Mietverträge.
· Torsten Gutmann, PLUTA Niederlassung Hannover

Fazit: Neuer Investor oder Gesellschafterwechsel

Sollte eine Restrukturierung aus eigener Kraft nicht möglich sein, muss der Betrieb auf eine neue Grundlage gestellt werden. Wenn ein Insolvenzgrund vorliegt, gelingt die Sanierung durch Neuaufstellung und anschließendem Verkauf im Insolvenzverfahren oder mit Gesellschafterwechsel in einem Insolvenzplan im Eigenverwaltungsverfahren.

Baustelle: Immobilienbranche

Immer mehr Immobilienunternehmen geraten in finanzielle Schieflage. Die hohen Baukosten, steigende Zinsen sowie die regulatorischen Unsicherheiten belasten die Branche. Die Finanzierer halten sich bei der Kreditvergabe zurück, Immobilienbewertungen sinken und der Absatz von Neubauten läuft nur noch schleppend, da sich viele private Käufer den Immobilienkauf nicht mehr leisten können und institutionelle Investoren ebenfalls sehr zurückhaltend agieren. 2023 ist die Zahl der Baugenehmigungen stark zurückgegangen. Und auch die Transaktionen mit Büro- und Einzelhandelsimmobilien sind auf dem niedrigsten Stand seit fast 10 Jahren.

Mehrere, auch größere Projektentwickler haben zuletzt eine Eigenverwaltung beantragt. Wie es weitergeht, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Gerade bei weit fortgeschrittenen Projekten ist eine Fertigstellung trotz höherer Kosten oft alternativlos. Halbfertige Bauprojekte sind wahre Wertevernichter. Daran können die Finanzierer kein Interesse haben. Sofern die Käufer bereits Zahlungen, bspw. nach der MaBV, erbracht haben, sollten auch diese einen Beitrag zur Nachfinanzierung zur Fertigstellung in Erwägung ziehen.
· Dr. Stephan Laubereau, PLUTA Niederlassung Frankfurt

Fazit: Weiterbau trotz Insolvenz

Steht eine Baustelle erst einmal, geht vorhandenes Wissen zur Planung verloren, Standschäden treten ein und zusätzliche Kosten sind die Folge. Insofern scheint eine zügige Fortführung von Projekten in Eigenverwaltung mit einer entsprechenden Nachfinanzierung oft als wirtschaftlich sinnvollste Lösung.

Auf der Bremse: Automobilindustrie

Ab 2035 sollen alle neuen Autos, die auf den Markt kommen, emissionsfrei sein. Damit soll sichergestellt werden, dass der Verkehrssektor – so das Ziel der Europäischen Union – bis 2050 klimaneutral werden kann. Die Automobilindustrie steht damit vor großen Herausforderungen. In Deutschland wird Schätzungen zufolge bis 2025 die Wertschöpfung mit Verbrennungsmotoren noch 20 Mrd. Euro betragen, im Jahr 2035 nur noch 1,5 Mrd. Euro. Etwa die Hälfte der Arbeitsplätze in der deutschen Autoindustrie hängt laut dem Verband VDA am Verbrennungsmotor. Die Branche muss neue Innovationen vorantreiben – und viele Zulieferer müssen sich neu positionieren.

Vor allem bei der E-Mobilität besteht großer Nachholbedarf, da ausländische Wettbewerber Druck machen. Die deutschen Hersteller und Autozulieferer werden u.a. in Batterien und Software investieren, um den Konkurrenten aus den USA und Asien Paroli zu bieten. In den vergangenen Jahren hat sich der Softwareanteil im Fahrzeug deutlich erhöht. Und dieser wird weiter steigen. Software und Daten sind die Kompetenzen der Zukunft, um sich bei Fahrerassistenz-, Bedien- und Anzeigesystemen sowie beim autonomen Fahren zu positionieren.
· Michael Pluta, PLUTA Niederlassung Ulm/Stuttgart

Fazit: Transformation beschleunigen

OEM und Zulieferer können die Herausforderungen der Zukunft nur meistern, wenn sie an einem Strang ziehen und gemeinsame Konzepte entwickeln. Der Aufbau der Ladeinfrastruktur und gemeinsame Plattformen werden die Transformation der Industrie beschleunigen.

Konsumflaute: Handel

Der stationäre Handel wurde besonders hart durch die Coronakrise und die Lockdowns getroffen. Anschließend trat zwar eine kurzzeitige Erholung ein, aber die aktuell angespannte konjunkturelle Lage zeigt ihre Wirkung. Die Kunden sparen wegen der gestiegenen Kosten vor allem für Lebensmittel und Energie. Diese Kaufzurückhaltung trifft viele Anbieter. Ob Mode, Elektronik oder große Kaufhausketten – es gibt mittlerweile Händler, die in kurzer Zeit zweimal in die Insolvenz gingen. Trotz eines erfolgreichen stationären Handels kann das Online-Geschäft Verluste verzeichnen, da dieser Absatzkanal Unternehmen vor ganz andere Herausforderungen stellt. Preise sind online schnell zu vergleichen, und der Preisdruck ist hoch. Die Erfahrungen zeigen, dass Online-Shops unprofitabel sind, wenn die Marketingkosten und die Retouren-Quoten zu hoch sind. Dann gilt es, zu restrukturieren.

In den vergangenen Jahren haben viele reine E-Commerce-Anbieter verstärkt auf Wachstum und Marktanteile gesetzt und die Profitabilität vernachlässigt. Unternehmen, die zu schnell gewachsen sind, müssen reagieren, Überkapazitäten abbauen und die Kosten senken. Studien zeigen, dass im E-Commerce-Bereich oft große Produktivitätsunterschiede herrschen.
· Michael Pluta, PLUTA Niederlassung Ulm/Stuttgart

Fazit: Strukturen anpassen

Ob stationärer Händler oder Online-Anbieter: Die Unternehmen müssen in der Krise ihre Strukturen an das Umsatzniveau anpassen. Denn die Probleme lassen sich lösen, wenn insbesondere die Prozesse, das Warenangebot und die Logistik hinterfragt werden.

PLUTAaktuell

Effiziente Forderungsanmeldungen

Stuttgart / München. Gläubiger sind in Insolvenzverfahren oft unsicher, wie sie ihre Forderungen anmelden können. Hilfreich ist dann die automatisierte Online-Forderungsanmeldung, die PLUTA aktuell in zwei Verfahren in Süddeutschland einsetzt. Die relevanten Daten und Beträge werden automatisch in den jeweiligen Formularen hinterlegt. Das vereinfacht die Verfahrensbearbeitung bei der E-Commerce-Plattform Mädchenflohmarkt aus Baden-Württemberg mit rund 37.000 Gläubigern. Sanierungsexperte Ilkin Bananyarli erzielte eine Investorenlösung für den bekannten Marktplatz für Secondhand Mode. Auch in Bayern erleichtert das Online-Portal ein Verfahren mit 20.000 Gläubigern. Das Solarauto-Start-up Sono Motors befindet sich in Eigenverwaltung und Ivo-Meinert Willrodt wurde zum Sachwalter bestellt. Es gibt viele Gläubiger, die Anzahlungen geleistet haben. Durch die Online-Nutzung müssen diese keine Unterlagen per Fax oder E-Mail schicken.

Innovative Food-Technologie wird weiter genutzt

Rostock. Prolupin ist bekannt für die innovative Technologie zur Herstellung von Proteinen aus dem Samen der Süßlupine. Dieses Wissen kann nun weitergenutzt werden: Die Gläubiger haben dem von Insolvenzverwalter Michael Bohnhoff vorgelegten Kaufvertrag zugestimmt. Der Vertrag sieht die Übernahme eines Betriebsteils im Rahmen eines Assets Deals an eine neu gegründete Gesellschaft eines börsennotierten Unternehmens aus Australien vor. Der Kaufvertrag beinhaltet u.a. die Übernahme der Produktionsanlage für die Herstellung des Proteins.

Investor für E-Lastenrad Anbieter

Frankfurt. Die Zahlen für die Vermietung von E-Lastenrädern steigen kontinuierlich an. Umso erfreulicher ist die Neuaufstellung des Sharing-Anbieters sigo. Ein renommierter Investor aus der Branche übernimmt den Geschäftsbetrieb im Rahmen einer übertragenden Sanierung. Das Verfahren in Eigenverwaltung ist damit erfolgreich abgeschlossen und das Start-up für die Zukunft gut aufgestellt. Die PLUTA-Anwälte Philip Konen und Kristina Breuer unterstützten als Generalhandlungsbevollmächtigte bei der operativen Eigenverwaltung und insolvenzrechtlichen Beratung.

Cargo-Bikes liegen im Trend
Cargo-Bikes liegen im Trend

Teillösungen für traditionsreichen Versandhändler

Stuttgart. Die Unternehmensgruppe des deutschlandweit bekannten Versandhändlers Klingel befindet sich in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. PLUTA unterstützt die Geschäftsführung, Marcus Katholing ist als CRO tätig. Da für die gesamte Gruppe kein Investor gefunden werden konnte, wird der Geschäftsbetrieb des Multichannel-Distanzhändlers bis Ende Januar 2024 fortgeführt und muss anschließend eingestellt werden. Die Verantwortlichen konnten erste Teillösungen erreichen: Sowohl die Männermodemarke BABISTA, die Damenmarke MONA als auch die Plus-Size-Marken HAPPYsize und MIAMODA bestehen fort. Investoren haben jeweils die Markenrechte, Warenbestände und Kundendaten unter Berücksichtigung der DSGVO erworben. Gespräche mit möglichen strategischen Käufern für die weiteren Marken laufen.

Elektrounternehmen übernommen

Nürnberg. ABL ist bekannt für den SCHUKO-Stecker, den der Firmengründer 1925 entwickelte und der bis heute zum Einsatz kommt. Das Unternehmen ist zudem ein Pionier der Elektromobilität und produziert Wallboxen und Ladesäulen. Das Team um Dr. Maximilian Pluta als CRO und Daniel Barth als Generalbevollmächtigten erarbeitete ein Sanierungskonzept, um das Unternehmen in der Eigenverwaltung neu aufzustellen. Nun gelang eine Investorenlösung. Das börsennotierte Unternehmen Wallbox aus Barcelona übernimmt den Geschäftsbetrieb. Rund 300 Arbeitsplätze bleiben dadurch erhalten.

Anzahl an Ladestationen und Wallboxen steigt stetig
Anzahl an Ladestationen und Wallboxen steigt stetig

Werkzeugbauer für die Zukunft gerüstet

Lübbecke. Die Betriebsfortführung im Insolvenzverfahren legt den Grundstein für eine erfolgreiche Nachfolgelösung; bisweilen benötigt man dazu auch einen etwas längeren Atem. So auch bei der Steinkamp GmbH & Co. KG, bei der Insolvenzverwalter Stefan Meyer nach rund 18 Monaten Betriebsfortführung einen Investor gefunden hat. Dieser übernimmt den Geschäftsbetrieb des Werkzeug- und Maschinenbauunternehmens sowie über 100 Mitarbeiter. Das PLUTA-Team führte den Geschäftsbetrieb uneingeschränkt fort und stabilisierte mit Sanierungsmaßnahmen das Unternehmen. Während des Verfahrens gewann Steinkamp sogar einen Serienauftrag eines renommierten Kunden aus der Automobilindustrie. Auch die Mitarbeiter standen dem Unternehmen motiviert und loyal zur Seite. Einzelne Mitarbeiter, die das Unternehmen zwischenzeitlich verlassen hatten, kehrten inzwischen wieder zurück.

Standortlösung für namhaften Kosmetikproduzenten

Hamburg. Die Kunden schätzen die hohe Qualität – hergestellt in Deutschland. Seit Jahrzehnten produziert die Rudolf Dankwardt GmbH hochwertige Kosmetikartikel. Wegen Liquiditätsproblemen musste der Betrieb einen Insolvenzantrag stellen. Christian Heim gelang eine Lösung für den Hauptstandort in Norderstedt. Eine Gesellschaft der Sebapharma Gruppe, die durch die Körperpflegemarke sebamed bekannt ist, übernahm das Werk im Rahmen einer übertragenden Sanierung, nachdem der zuvor abgeschlossene Kaufvertrag noch nicht abschließend vollzogen war. Für das zweite Werk in Mecklenburg-Vorpommern konnte indes kein Investor gefunden werden. Dort läuft der Betrieb noch bis März 2024.

100 % Quote für Gläubiger

Ulm. Die Gläubiger im Verfahren der C.F. Maier Guss-Sparte können sich freuen: Sie erhalten eine Insolvenzquote von 100 Prozent und bekommen damit ihre Forderungen komplett ausgeglichen. Im Dezember 2020 hatten die drei Gesellschaften der Guss-Sparte beim Amtsgericht Aalen die Eigenverwaltung beantragt. Marcus Katholing begleitete die Neuaufstellung als Sanierungsgeschäftsführer. Im PLUTA-Team arbeitete u.a. Stefan Warmuth. Notwendige Sanierungsmaßnahmen wurden während des Verfahrens konsequent umgesetzt. Dies führte zu einer erfolgreichen Betriebsfortführung über mehr als acht Monate, was maßgeblich zum außergewöhnlichen Ergebnis beigetragen hat, sowie Voraussetzung für einen erfolgreichen Verkauf an einen Investor war.

IM GESPRÄCH

Transformation für eine erfolgreiche Zukunft

Herr Richter, Sie waren über 30 Jahre bei Ernst & Young tätig, zuletzt als Chief Transformation Officer. Seit kurzem sind Sie bei PLUTA. Wo sehen Sie Ihre Aufgaben?
Das Unternehmen hat in den letzten vier Jahrzehnten eine beeindruckende Erfolgsgeschichte geschrieben. PLUTA hat als eine der ersten Kanzleien neben der klassischen Insolvenzverwaltung mit der PLUTA Management auch die Beratung im vorinsolvenzlichen Bereich aufgebaut. Mit meinem Know-how und meinem Netzwerk möchte ich dazu beitragen, dass PLUTA seine führende Stellung weiter ausbaut.

Sie setzen als Sanierungs- und M&A-Spezialist ein besonderes Augenmerk auf die Transformation in der Automobilindustrie. Welche Herausforderungen sehen Sie gerade in dieser Branche?
Die Automobilbranche steht derzeit vor mehreren großen Aufgaben: Transformation der Antriebstechnik und Steuerung im weiteren Sinne sowie der Verschärfung des regulatorischen Umfeldes (insbesondere ESG). An erster Stelle steht der transformatorische Druck. Sowohl die deutschen Autobauer als auch die Zulieferer hatten mit einem längeren Übergangszeitraum hin zu neuen Technologien gerechnet. Das regulatorische Umfeld und die exogenen Schocks haben hier als Katalysatoren gewirkt, die der heimischen Automobilindustrie zusetzen. Im globalen Wettbewerb entscheiden auch Skaleneffekte, also Stückzahlen, über die Zukunft. Zunehmend drängen massentaugliche Fahrzeuge mit Elektroantrieb auf den europäischen Markt. Dazu kommen exogene Herausforderungen für die deutschen Betriebe, beispielsweise der Ukraine-Krieg, die extremen Kostensteigerungen sowie der derzeitige Zinsanstieg.

Was raten Sie betroffenen Unternehmen?
Ich rate zur kritischen Selbstreflexion. Ein Unternehmer sollte sich zunächst auf das eigene Unternehmen konzentrieren. Das gilt sowohl bei Automobilfirmen, aber auch für andere Branchen wie etwa den Handel. Dazu gehören Antworten auf die Fragen, wie: Wie sieht es mit der Resilienz meines Betriebes aus? Bin ich für jede Wetterlage optimal gerüstet? Das ermöglicht im Fall der Fälle eine Neuaufstellung aus eigener Kraft. Erst kürzlich sprach ich mit dem Geschäftsführer eines traditionsreichen Familienunternehmens, das strategisch gut im Markt positioniert ist. Auch ein solch schlank aufgestelltes Unternehmen kann zwischen den steigenden Kosten und fehlender Überwälzung auf seine Kunden auf Dauer „zerrieben“ werden. Meine Empfehlung, mit einem Maximum an Transparenz mit den relevanten Stakeholdern eine konsensuale Lösung zu erarbeiten, befindet sich derzeit in der Umsetzung.

Womit überzeugen Sie Unternehmer von einer Vorsorge, solange Betriebe vermeintlich noch gesund sind?
Der Schlüssel liegt nach meiner Erfahrung in der Kombination von Fach- und Branchenwissen. Unternehmer schätzen neben der fachlichen Kompetenz vor allem, dass wir das jeweilige Geschäftsmodell im relevanten Markt- und Wettbewerbsumfeld schnell erfassen und die kritischen Erfolgsfaktoren der Branche kennen. Aus der Kenntnis der Herausforderungen und den Schwachstellen des Unternehmens ergibt sich der fachliche Rat und unser Beratungsansatz.

Kann Transformation in der Insolvenz umgesetzt werden?
Ja, dafür gibt es einige Beispiele. Es gilt für Unternehmen, die ihre durchsetzbaren Optimierungs- und Anpassungsschritte selbst umgesetzt haben, aber das gewünschte Zielbild aus eigener Kraft trotzdem nicht erreichen können. Hier stellt der gesetzlich geregelte Sanierungsrahmen passende Werkzeuge zur Verfügung. Diese orientieren sich am Krisenstadium. In Deutschland gibt es mit StaRUG, ESUG und dem klassischen Insolvenzverfahren mehrere schlagkräftige Instrumente für die Neuaufstellung von Krisenunternehmen. Am besten ist es aber natürlich, wenn sich Unternehmen aus eigener Kraft auf die veränderten Umstände einstellen und anpassen können. Falls das nicht funktioniert, ergeben sich somit auch andere Möglichkeiten. Beide Optionen nebeneinander zu betrachten, ist eine große Stärke von PLUTA.

Ist der Wandel auch ein wichtiges gesellschaftliches Thema?
Wir beobachten gerade, dass Transformationsaufgaben, die wir in unserem Land zu bewältigen haben, den als sicher geglaubten gesellschaftlichen Konsens bedrohen. Vor allem die Transformation unseres industriellen Kerns, an dem sehr viele Arbeitsplätze hängen, muss gelingen. Viele Menschen sind verunsichert, da durch Digitalisierung, künstliche Intelligenz und neue Technologien viele Arbeitsplätze wegfallen werden. Damit wird die langfristige Planung des eigenen Berufslebens immer schwieriger. Dieser Wandel geht viel schneller als gedacht. Ich sehe mich in der Pflicht, meinen Beitrag in der Transformationsagenda zu erfüllen und damit die Rahmenbedingungen und Grundlagen für unser gesellschaftliches Miteinander zu erhalten. In diesem Kontext bedeutet Nachhaltigkeit für mich die Stabilisierung und positive Weiterentwicklung unseres Landes, in dem meine Generation wie selbstverständlich gelebt hat. Es wäre schön, wenn dies auch für unsere Kinder und zukünftige Generationen gilt.

Bei Ihrem Arbeitspensum bleibt oft wenig Zeit. Womit beschäftigen Sie sich gerne in Ihrer Freizeit?
Die verbleibende Zeit versuche ich möglichst gerecht zwischen meiner Frau (Reisen und Kochen), meinen sieben Kindern („Da sein“), meinen Freunden „(walk & talk“) und mit mir selbst aufzuteilen („Ichzeit“); letzteres gern mit der Lektüre eines breiten Spektrums von Politik, Geschichte und Philosophie.

Vielen Dank für das Gespräch.
· Christiane Kunz

Bernd Richter

Bernd Richter
Diplom-Kaufmann, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer

Zur Person

Bernd Richter ist Geschäftsführer und Gesellschafter bei PLUTA und arbeitet an den Standorten München und Hamburg.

PLUTAkurios

Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren

Ein Kunde eines insolventen Onlinehändlers für Gartengeräte hat eine Elektrosense bestellt und nicht erhalten. Nun meldet er Schadensersatz an:

„Mehraufwand durch Sensen von Hand und Recherche nach anderem Anbieter 16 x 25 Euro pro Stunde“

→ Wenn der Schadenersatz höher ist als der Warenwert.

Hinweise
PLUTAnews erscheint zweimal jährlich mit aktuellen Branchen-Insights der Sanierungs- und Restrukturierungsbranche. Nachdruck und Vervielfältigungen sind nur mit vorheriger Genehmigung von PLUTA gestattet.

Zu den Bildnachweisen

Redaktion
T. Gutmann
H.-J. Hombach
M. Pluta
Dr. S. Laubereau
B. Richter
P. Sutter
V. Herzog
C. Kunz