Künstliche Intelligenz (KI) wird die Art, wie wir arbeiten und leben, deutlich verändern – von der Automatisierung einfacher und stets wiederholender Aufgaben bis hin zur Schaffung komplett neuer Berufsbilder.
„Greetings Professor Falken!“ Für IT-Kenner die Referenz an den Science-Fiction-Film WarGames (Kriegsspiele) von 1983. Die Grußformel des fiktiven Militärcomputers „Joshua“ an seinen ebenso fiktiven Schöpfer Prof. Stephen Falken hat ganze Hackergenerationen geprägt. Der Film selbst führte zur Verabschiedung des Computer Fraud and Abuse Act of 1986, dem ersten amerikanischen Gesetz zur Cybersicherheit. Denn nachdem Präsident Ronald Reagan seinen Stab untersuchen ließ, ob die im Film abgebildeten Risiken für die damalige IT-Infrastruktur der Vereinigten Staaten realistisch seien, erhielt er zu Antwort: „Herr Präsident, es ist noch viel schlimmer.“
40 Jahre nach der Kinopremiere ist das Thema „Künstliche Intelligenz“ als Topthema in Wirtschaft und Politik angekommen. Der Begriff an sich ist nicht mehr abstrakt. Dank immer leistungsfähigerer Prozessoren, wachsender Datenverarbeitungskapazitäten und damit ermöglichter komplexer Algorithmen ist Künstliche Intelligenz in verschiedenen Ausprägungen längst unser Begleiter im Alltag. Auch wenn wir davon nichts merken. Vergleichsweise simplen Anwendungen wie Bilderkennung, Textanalyse und Extraktion spezifischer Daten stehen hochkomplexe Systeme in der Robotik und in Anwendungsszenarien wie dem autonomen Fahren oder automatischen Übersetzungsprogrammen gegenüber.
Vorteile, aber auch erhebliche Risiken
Während das Unternehmen Boston Dynamics seinen humanoiden Roboter „Atlas“ immer neue Aufgaben selbsttätig lösen lässt und damit eine breite Fangemeinde auf Youtube begeistert, begrüßt uns ein sehr gut gemachter Deepfake von Morgan Freeman im Zeitalter der „synthetischen Realität“ und bekennt, kein Mensch zu sein. Noch weiter sind virtuelle Influencerinnen, die auf Social-Media-Plattformen mit künstlichen „Fotos“ Follower sammeln. Der KI-Bot ChatGPT schlussendlich öffnete die Künstliche Intelligenz endgültig einem unbegrenzten globalen Nutzerkreis. Damit lassen sich rasch anhand weniger Stichworte sprachlich fast einwandfreie Texte schreiben. Die Vorteile liegen auf der Hand. Ein Fahrzeug, welches aufgrund seiner Sensorik und der dahinter arbeitenden Software eine Gefahrensituation früher erkennt als der Mensch und diese bereits entschärft, bevor ein Unfall passiert, nützt allen. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Forschung lässt daher rasche Neuentwicklungen in fast allen Richtungen erwarten.
Den unbestreitbaren Vorteilen stehen aber auch erhebliche Risiken gegenüber. Der groß angelegte Streik der Drehbuchautoren und Schauspieler in der US-Traumfabrik Hollywood galt nicht zuletzt dem Schutz vor der Übernahme großer Filmstrecken durch KI-generierte Schauspieler. Die Sorge ist nicht unbegründet, denn erste Fernsehsender wie Kuwait News gehen mit KI-generierten Nachrichtensprechern an den Start. Diese, einmal erstellt, können dann ohne monatliches Gehalt 24 Stunden und sieben Tage pro Woche Nachrichten präsentieren. Unlängst führte ein KI-Chatbot, der seine Nutzer anlog, um an benötigte Informationen zu gelangen, zu einer Diskussion um die Grenzen von KI. Und so werden wir uns zukünftig die Fragen stellen: „Was sehe ich? Ist das real?“
Auch in unserer Branche macht die Entwicklung nicht Halt. So kann ein Schriftsatz in wenigen Sekunden mit einem KI-Programm übersetzt werden. Oder tausende E-Mails werden nach bestimmten Sachverhalten durchforstet. Schon heute werden unter dem Sammelbegriff der Dunkelverarbeitung automatisierte Prozesse in Unternehmen beschrieben wie die Erstellung von Bescheinigungen, der Abgleich von Kundendaten oder die Berechnung unterschiedlicher Geschäftszahlen. Sie laufen ohne einen Nutzer im Hintergrund ab. KI wird die Daten künftig in Insolvenzverfahren einsetzen und weiterverarbeiten. So können beispielsweise Verträge aufgesetzt oder in Masseverfahren Ansprüche geprüft werden. Auch mögliche Betrugsfälle werden durch die Analyse großer Datenmengen auf potenzielle Muster leichter entdeckt. Für die Sanierungsbranche ergeben sich ebenfalls neue Möglichkeiten, wenn standardisierte Prozesse vom System vollständig erlernt und übernommen werden können.
· Heinz-Joachim Hombach, PLUTA Niederlassung Leipzig