PLUTAnews Ausgabe 23
Wir helfen Unternehmen.

Spät kommt sie, doch sie kommt

November 2021

Sanierungspraxis und Insolvenzverwaltung sollen digitaler werden. Dazu gibt es bereits einige Vorstöße und noch mehr Ideen. Wo steht die Branche bei der Digitalisierung derzeit?

Es ist ein offenes Geheimnis: Deutschland kommt bei der Digitalisierung nicht so schnell voran wie es wünschenswert ist und liegt laut IMD Digital Competitiveness Index 2021 nur auf Platz 18. Ein Nachzügler in der digitalen Entwicklung ist die öffentliche Verwaltung, Gleiches gilt für Rechtsanwaltskanzleien. Doch die Corona-Pandemie beschleunigt die Digitalisierung auch hier. Über 60 Prozent der Rechtsanwälte bestätigen laut Umfrage, dass sie digitaler arbeiten als vor der Pandemie. Ist das nun endlich der Durchbruch?

Weiterlesen

Fazit: Erste Schritte sind getan

Die Pandemie hat die notwendige Digitalisierung deutlich vorangetrieben. Das gilt auch für die Arbeit von Juristen und Sanierungsexperten. Der Gesetzgeber versucht zu beschleunigen, aber Erfahrungen zeigen: Lang genutzte Prozesse werden nicht durch eine gesetzliche Pflicht plötzlich umgestellt. Die Digitalisierung ist also kein Sprint, sondern ein langer und aufwändiger Prozess, da Deutschland von einem der hinteren Ränge startet.

SANIERUNG/INSOLVENZaktuell

Bilanzkennzahlen waehrend der Pandemie

Lieber nochmal nachrechnen!
Bilanzkennzahlen während der Pandemie

Die befürchtete Insolvenzwelle bleibt bisher aus. Dennoch hat die Corona-Pandemie einen großen Einfluss auf die deutsche Wirtschaft und vor allem auf die Unternehmen. Die Regierung unterstützte notleidende Betriebe unter anderem durch Hilfskredite und Möglichkeiten zur Kurzarbeit. Waren es im Mai 2020 noch über 6 Mio. Kurzarbeiter, waren es ein Jahr später nur noch rund 2 Mio. Damit sind es laut Statista aber immer noch deutlich mehr als vor der Pandemie – die Zahl erreichte selten die 150.000-Marke.

Was staatliche Hilfe für die Bilanz bedeutet
Kurzarbeit und andere staatliche Unterstützungszahlungen haben einen bedeutenden Einfluss auf die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung. Lohn- und Gehaltszahlungen fallen noch bis Ende 2021 nur reduziert an und lassen die Kostenseite deutlich schrumpfen. Folglich sehen vorhandene Gewinne und in der Konsequenz auch Umsatzrenditen – ohne die Ausweisung solcher Sondereffekte – gut aus. Auch die Liquidität von Unternehmen befindet sich im akzeptablen Bereich. Doch der Schein kann trügen. Denn das durch Hilfsmaßnahmen verzerrte Bild verschleiert eventuell grundlegende Probleme.

Viele Branchen befinden sich in einem strukturellen Wandel, beispielsweise die Automobilindustrie. Diese Entwicklung wurde durch die Pandemie lediglich überlagert. Die nun durch die staatliche Unterstützung besser aussehende Bilanz schafft auf den ersten Blick also ein trügerisches Bild eines Unternehmens.

Weitere Faktoren in die Analyse einbeziehen
Erfahrene Sanierungsexperten analysieren daher nicht nur die Bilanzen von Betrieben anhand bekannter Finanzkennzahlen. Sie ermitteln Sondereffekte und berücksichtigen diese Faktoren. Zudem kennen sie die übergeordneten Branchenentwicklungen und -probleme. Ein wichtiges Instrument ist die integrierte Unternehmensplanung. Sie gibt Aufschluss über die mittelfristige Entwicklung der Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage. Sie sollte als modernes Planungs- und Frühwarnsystem eingesetzt werden. Auch wenn Planungen für das kommende Geschäftsjahr derzeit schwierig sind, sollten Geschäftsführungen Best- und Worst-Case-Szenarien berechnen und verschiedene Alternativszenarien erarbeiten, um so optimal vorbereitet zu sein.
· Dr. Maximilian Pluta, Leiter Sanierung und Restrukturierung

Ein gemischtes Zeugnis für StaRUG

Vor fast einem Jahr trat das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) in Kraft und brachte weitere Möglichkeiten zur präventiven Sanierung in Deutschland. Das Fazit der Branche ist bislang gemischt. Der modulare Aufbau ist positiv zu bewerten. Der Rahmen stellt ein passendes Werkzeug vor allem für pandemiebedingte Finanzrestrukturierungen dar.

Aber es gibt auch Kritik. Der „shift of duties“ der Geschäftsleiter wurde nicht umgesetzt. Entsprechend kann die Anmeldung eines solchen Verfahrens ohne die Zustimmung des Gesellschafters für den Geschäftsführer haftungsrelevant sein.

Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist das Verfahren zudem oft zu komplex und zu teuer. Bei operativen Restrukturierungen ist es auf den ersten Blick auch nicht wirklich anwendbar, da Vertragsverhältnisse Bestand haben und Forderungen von Arbeitnehmern nicht direkt geregelt werden können.

Ein Punkt, der korrigiert werden müsste, sind Neufinanzierungen gem. § 12 StaRUG. Dort gibt es seitens der Verbände der Kreditwirtschaft sinnvolle Vorschläge: Beispielsweise sollten zu den Neukrediten ebenfalls Prolongationen zählen, die auch eine Kreditentscheidung sind.
· Dr. Maximilian Pluta, Leiter Sanierung und Restrukturierung

Insolvenzverwalter in Beweisnot

Das BGH-Urteil vom 06.05.2021 sorgt für Gesprächsstoff: Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil des Landgerichtes Bonn aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Worum geht es konkret? § 133 Abs. 1 InsO verpflichtet den Insolvenzverwalter, Rechtshandlungen, die der spätere Insolvenzschuldner vorgenommen hatte, anzufechten. Dies gilt für Handlungen, die in einem bestimmten Zeitraum erfolgten und die Gläubiger insgesamt benachteiligen. Dabei muss der Schuldner mit dem Vorsatz gehandelt haben, seine Gläubiger zu benachteiligen und der spätere Anfechtungsgegner muss diesen Vorsatz gekannt haben.

Der BGH erweitert nun die Voraussetzungen, die an den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners zu stellen sind. Hinzugefügt wird eine in die Zukunft gerichtete Komponente: Wird der Schuldner in Zukunft in der Lage sein, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen? Und weiß er davon? Der BGH hat dem Landgericht jetzt aufgegeben, wie das Anfechtungsrecht zukünftig auszulegen ist – und bricht damit scheinbar mit jahrelang entwickelten und von ihm selbst als ständige Rechtsprechung bezeichneten Grundsätzen.

Derzeit findet in der Fachliteratur eine intensive Diskussion statt, wie mit dieser Entscheidung des BGH umzugehen ist. Das Urteil liest sich scheinbar klar: Der Insolvenzverwalter wird zukünftig mehr beweisen müssen, als nach der bisherigen Rechtsprechung.

Es ist zu erwarten, dass er in vielen Fällen diese höheren Beweise nicht erbringen kann. Zudem wird eine Anfechtung erheblich erschwert, wenn dem Schuldner zum Zeitpunkt der angefochtenen Handlung die Zahlungsunfähigkeit bloß drohte, aber diese noch nicht eingetreten war.

Wer das Urteil genauer liest, wird jedoch feststellen, dass die von vielen Beteiligten gewünschte komplette Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung nicht erfolgt ist.
· Christian Heim, PLUTA Niederlassung Hamburg

Fazit

Das Urteil ist gleichwohl ein beachtlicher Meilenstein. Es erschwert Insolvenzverwaltern das Anfechten und Gläubigern die Prognose, ob die erhaltenen Leistungen anfechtungsfest sind oder nicht.

Es wird sicherlich eine geraume Zeit – und noch diverse Urteile der Instanzgerichte – dauern bis klar ist, wie mit der neuen Rechtsprechung umzugehen ist.

PLUTAaktuell

Lösungen im Gesundheitsbereich

Bremen/Ulm. Deutschlandweit beschäftigt sich PLUTA derzeit mit Insolvenzen aus dem Gesundheitsbereich. Das Team um Dr. Christian Kaufmann konnte eine Investorenlösung für das Krankenhaus Land Hadeln Otterndorf erzielen. Der Gläubigerausschuss sprach sich für das Angebot des Landkreises Cuxhaven und damit für die Rekommunalisierung der Klinik aus. Alle 235 Arbeitsplätze der Gesellschaft sowie rund 80 Arbeitsplätze in den Tochtergesellschaften bleiben erhalten. Auch das Areal des bereits geschlossenen Krankenhauses 14 Nothelfer aus Weingarten konnte nun veräußert werden: Ein Investor aus Ulm erhielt den Zuschlag. Michael Pluta war im Verfahren als Sachwalter tätig.

Nachfolgelösungen für Kliniken
Nachfolgelösungen für Kliniken

Internationaler Investor für Maschinenbauer

Münster. Der Investorenprozess für die Maschinenfabrik Möllers wurde erfolgreich abgeschlossen: Die Arodo Group aus Belgien übernahm den Geschäftsbetrieb und rund die Hälfte der Mitarbeiter des Maschinenbauers. Für die weiteren Mitarbeiter wurde eine Transfergesellschaft eingerichtet. Durch die Corona-Krise kam es zur Verschiebung von Aufträgen und damit zu Liquiditätsschwierigkeiten. Nach der Antragstellung führte das PLUTA-Team um den Sanierungsexperten Stefan Meyer den Geschäftsbetrieb von Möllers fort.

100 Prozent Quoten

Hannover/Herford. Gute Nachrichten für die Gläubiger einer Druckerei: Rechtsanwalt Frank Schorisch erzielte eine 100 Prozent Quote im Verfahren der Industrie- und Werbedruck Hermann Beyer GmbH & Co. KG. Die Druckerei musste 2017 Insolvenz anmelden. Nachdem der Betrieb mit 50 Arbeitnehmern zunächst rund sechs Monate fortgeführt wurde, erreichte der Insolvenzverwalter noch im gleichen Jahr eine Investorenlösung. Auch Insolvenzverwalter Torsten Gutmann hat die Forderungen aller Gläubiger der Richpro Internet GmbH in vollem Umfang erfüllen können; dazu zählen ebenfalls die Positionen der nachrangigen Gläubiger nach § 39 InsO. Zusammen mit seinem Team, zu dem Rechtsanwalt Günther Hahn gehört, gelang ihm dies vor allem durch den erfolgreichen Einzug aller Forderungen. Das Verfahren des Onlinehändlers kann damit abgeschlossen werden.

Drei neue Partner

Ulm/Mannheim/Köln. Dr. Ruth Rigol und Heike Metzger wurden in den Gesellschafterkreis der PLUTA Rechtsanwalts GmbH aufgenommen. Die Sanierungsexpertinnen verfügen über langjährige Erfahrung in der Restrukturierung und Unternehmensfortführung und werden regelmäßig zu Insolvenzverwalterinnen bestellt. Auch Markus Fünning ist neuer Gesellschafter bei PLUTA. Er ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und leitet das Geschäftsfeld Rechtsberatung. PLUTA hat damit nun insgesamt 24 Gesellschafter.

Herausragende Ausbildungsleistung

Koblenz. Auch der PLUTA-Nachwuchs ist erfolgreich: Das Team der Niederlassung Koblenz freut sich über die herausragende Leistung von Anna Bodner. Sie gehört zu den drei besten Auszubildenden im OLG-Bezirk Koblenz. Nach ihrer Ausbildung zur Rechtsanwaltsfach-angestellten ist sie nun weiter im Geschäftsfeld Insolvenzverwaltung tätig und unterstützt mit ihrem Wissen Sachbearbeiter und Verwalter.

Erfolgreiche Eigenverwaltungen

Ulm/Augsburg. Die Gläubiger der Höhn GmbH erhalten eine Insolvenzquote von über 80 Prozent. Die Eigenverwaltung des Verpackungs- und Druckspezialisten aus Ulm wird in weniger als drei Jahren erfolgreich abgeschlossen. Dr. Maximilian Pluta und Stefan Warmuth unterstützten die Geschäftsführung in der Eigenverwaltung und erzielten eine Investorenlösung. Beim Bauträger Aggregare erhalten die Gläubiger ebenfalls eine hohe zweistellige Quote. Sanierungsgeschäftsführerin Johanna Kienzerle konnte das Bauvorhaben mit 96 Wohnungen in der Eigenverwaltung trotz schwieriger Rahmenbedingungen erfolgreich abschließen.

Zukunft für Automotive-Unternehmen

Stuttgart. Für gleich zwei Unternehmen aus dem Automotiv-Bereich konnten die PLUTA-Experten Lösungen finden. Der Automobilzulieferer ZSK musste aufgrund der Corona-Krise einen Insolvenzantrag stellen. Das Team um Michael Pluta konnte nach Verhandlungen mit mehreren Investoren schließlich ein Management-Buy-Out umsetzen. Alle Mitarbeiter wurden übernommen. Auch die traditionsreiche Rüster-Firmengruppe stand durch die Corona-Pandemie vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen. Viele Kunden des Zulieferers kamen aus dem Automotive-Bereich. Den PLUTA-Anwälten Fritz Zanker und Steffen Beck gelang es, die beiden Betriebe der Unternehmensgruppe wieder zukunftsfähig aufzustellen und einen geeigneten Investor zu finden.

Erfolg bei Gebäudedienstleister

Würzburg. Peter Roeger hat eine Investorenlösung für die MIR Gebäudereinigung und Dienstleistungen GmbH gefunden. Der Insolvenzverwalter veräußerte den Geschäftsbetrieb an einen Erwerber aus dem familiären Umfeld. Dieser übernimmt alle beschäftigten 88 Mitarbeiter. Holger Ch. Buehler begleitete die Betriebsfortführung und den Investorenprozess im Sanierungsteam. Das Team führte Gespräche mit mehreren Interessenten. Der Geschäftsbetrieb lief seit der Antragstellung uneingeschränkt fort. Es gelang zudem, neue Aufträge für den Familienbetrieb zu generieren.

Strategische Investoren für mehrere Guss-Betriebe

Ulm/Berlin. Für die Guss-Sparte der C.F. Maier Unternehmensgruppe hat das PLUTA-Team um Sanierungsgeschäftsführer Marcus Katholing trotz erschwerenden Corona-Bedingungen einen strategischen Investor gefunden: Dieser übernimmt den Geschäftsbetrieb der beiden Gießereien sowie den der Metallbearbeitung mit allen Mitarbeitern an drei Standorten. Das Team führte den Geschäftsbetrieb in der Eigenverwaltung erfolgreich fort und setzte zudem eine Reihe von wichtigen Sanierungsmaßnahmen um. Die Restrukturierungsexperten optimierten unter anderem Abläufe, verbesserten interne Strukturen und führten Make-or-Buy-Analysen durch. Die Kunden hielten dem Unternehmen die Treue. Umso größer ist die Freude bei allen Beteiligten über die erzielte Lösung und die gute Auftragslage für die kommenden Monate. Auch für die Eisengießerei Torgelow GmbH wurde eine Lösung erzielt. Eine international tätige deutsche Gießerei-Gruppe übernimmt den Geschäftsbetrieb. Der Investor will den Standort langfristig erhalten und beschäftigt alle Mitarbeiter weiter. Sebastian Laboga begleitete das Verfahren als Sachwalter.

Zukunft für Zulieferer und Antriebstechnik
Zukunft für Zulieferer der Antriebstechnik

IM GESPRÄCH

Mein Erfolgsrezept: Durchhaltevermögen

Herr Fünning, Sie leiten das Geschäftsfeld Rechtsberatung bei PLUTA. Welche Mandate bilden Ihren Schwerpunkt?
In den 24 Jahren bei PLUTA habe ich zwei Standbeine aufgebaut: zum einen die Beratung bei insolvenznahen Themen. Hierzu gehören die Beratung von Investoren bei Käufen aus der Insolvenz, die Beratung von Sicherungsgläubigern wie Kreditinstituten oder gewerblichen Vermietern sowie die Abwehr von Insolvenzanfechtungs- und Organhaftungsansprüchen. Zum anderen vertrete ich verschiedene Kreditinstitute im Kreditrecht bzw. Kreditsicherungsrecht, bei Anlageberatungsthemen und sonstigen Fragen zur Kundenbeziehung.

Bei der Vertretung von Sicherungsgläubigern bewegen Sie sich im Spannungsfeld unterschiedlicher Gläubigerinteressen. Auf welche Interessengruppen treffen Sie?
In der Tat kann es in der Insolvenz ein „Hauen und Stechen“ um denselben Kuchen geben. Denn jeder meint, er gehöre ihm allein. Der Lieferant beruft sich auf Eigentumsvorbehaltsrechte an gelieferten Waren, der Vermieter meldet ein Vermieterpfandrecht an diesen Waren an und das finanzierende Kreditinstitut meint, diese Waren seien von ihrer Sicherungsübereignung erfasst. Der Insolvenzverwalter muss diese Gemengelage prüfen und kann sogar zu dem Ergebnis kommen, dass keine Sicherheit greift und ein etwaiger Verwertungserlös allen Gläubigern gemeinsam zur Verfügung steht.

Bitte geben Sie ein konkretes Beispiel.
Wir hatten kürzlich den Fall eines insolventen Unternehmens, bei dem es um einen Maschinenpark in einer gemieteten Halle ging. Der Insolvenzverwalter ordnete die Maschinen der Bank zu, die diese finanziert hatte und daran Sicherungseigentum beanspruchte. Der Vermieter machte zwar sein Vermieterpfandrecht geltend, was jedoch zunächst nichts an der Zuordnung der Maschinen zugunsten der Bank änderte. Wir arbeiteten dann gemeinsam mit dem Vermieter die historische Entwicklung auf. Dabei stellte sich heraus, dass die unter Eigentumsvorbehalt erworbenen Maschinen zum Zeitpunkt der Bezahlung und Sicherungsübereignung bereits mit dem Vermieterpfandrecht belastet waren. Damit ging das Vermieterpfandrecht unseres Mandanten vor, so dass zunächst er von dem Verwertungserlös für seine offenen Mieten profitierte.

Was sind Ihre wichtigsten Tipps für Sicherungsgläubiger?
In Gesprächen mit unseren Mandanten stellen wir oft fest, dass es bei der Bestellung von Sicherheiten offene Fragen gibt. Wir prüfen dann den Sachverhalt. Die wichtigsten Fragen lauten: Gibt es die Sicherheiten wirklich? Sind sie im Sicherungsraum? Gibt es Dritte, die auch Rechte im Zusammenhang mit dem Sicherungsraum haben könnten? Passt das verwendete Formular zum Sachverhalt? Auch die regelmäßige Kontrolle der Sicherheiten sollte nicht vernachlässigt werden, da sich Sachverhalte im Zeitablauf ändern können. Folgende Fragen sind dabei zu klären: Gibt es den Sicherungsraum noch? Ist das Sicherungsgut noch im Sicherungsraum oder an einem anderen Ort? Werden identische Waren von Dritten (z. B. wegen Reparaturen) im Sicherungsraum gelagert? Bereits beim vorläufigen Insolvenzverfahren sollten der Vertragspartner und der vorläufige Insolvenzverwalter über die Sicherheiten informiert bzw. diese gegebenenfalls auch geltend gemacht werden. Nicht vergessen: Bei Verfahrenseröffnung muss das nochmals gegenüber dem Insolvenzverwalter erfolgen.

Neben Gläubigern vertreten Sie auch Geschäftsführer oder Gesellschafter. Worauf legen Sie Wert?
Ja, ich berate und verteidige die Organe einer Gesellschaft in Eigenverwaltungs- und Insolvenzverfahren. Hier kann ich vor allem eine frühzeitige professionelle Sanierungsberatung sowie eine ordentliche schriftliche Dokumentation über den Stand der Gesellschaft empfehlen. Ein ehemaliger BGH-Richter sagte einmal: „Der Geschäftsführer muss morgens um drei die Finanzlage seiner Gesellschaft kennen.“ Und im Falle einer Inanspruchnahme sollten sich Geschäftsführer frühzeitig professionell beraten lassen und es nicht erst selbst versuchen. Die diversen Möglichkeiten und den Handlungsspielraum eines Verwalters kann ein Laie nur schwer einschätzen.

Was passiert, wenn dies nicht beachtet wird?
Ja, dann wird es eher teurer. Gerade am Anfang, wenn der Verwalter möglicherweise noch nicht so vertieft jeden einzelnen Sachverhalt erfasst oder geprüft hat, lassen sich schnelle und auch gute Lösungen finden. Wenn man in den Prozess geht und der Verwalter jeden Puzzle- stein umdreht, dann besteht das Risiko, dass dessen Ermessensspiel- raum für eine Einigung immer kleiner wird. Und Sie benötigen in einer dann regelmäßig langwierigen und sehr komplexen gerichtlichen Auseinandersetzung auch als Berater ein ordentliches Durchhalte- vermögen. Für den Mandanten ist das ohnehin – auch mental – eine sehr schwierige Zeit.

Als Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht beraten Sie auch Banken und Kreditinstitute. Mit welchen Vorgängen befassen Sie sich dabei hauptsächlich?
Im Wesentlichen mit der Vertretung von Kreditinstituten bei Darlehen- und Bürgschaftsprozessen sowie im Zusammenhang mit Anlageberatungsthemen. Spannend sind auch Mandate im Zusammenhang mit sogenannten Phishing-Fällen, weil ich auf diese Weise immer wieder aktuelle praktische Einblicke in eine Welt bekomme, die mir bei meiner Tätigkeit bei PLUTA als Geldwäschebeauftragter nutzt.

Phishing ist ein großes Risiko. Sehen sie eine deutliche Zunahme von solchen Fällen?
Stimmt, das Risiko besteht nach wie vor. Aber nach meiner persönlichen Erfahrung gibt es keine besondere Zunahme. Die von den Kreditinstituten verwendete Technik verbessert sich stetig. Und es scheint auch bei Kunden, die das Online-Banking nutzen, inzwischen bekannt zu sein, dass sie von ihrem Kreditinstitut nicht laufend oder bei jeder Gelegenheit nach einer TAN gefragt werden. Hier hat die Aufklärungsarbeit der Kreditinstitute viel bewirkt. Mein Tipp insoweit: Lieber beim Kundenberater telefonisch nachfragen, wenn es einem komisch oder unbekannt vorkommt, bevor eine TAN eingegeben wird, die dann, schneller als einem lieb ist, Unbefugte nutzen.

In Ihrem Arbeitsalltag unterstützen Sie Ihre Mandanten in langwierigen und komplexen Aufgabenstellungen. Kein Wunder, dass Sie begeisterter Ausdauersportler sind. An welche Herausforderung denken Sie gern?
Spontan fällt mir die letzte „Radtour“ im August mit Freunden auf den Col de la Loze ein. 21 km ging es berghoch auf 2300 m mit Steigungen von bis zu 24 Prozent, ohne abzusteigen und natürlich ohne Motor. Die Ankunft war schon ein sehr gutes Gefühl.

Vielen Dank für das Gespräch.
· Christiane Kunz, M.A., Niederlassung Ulm

Markus Fünning

Markus Fünning
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

Zur Person

Markus Fünning ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Er ist Leiter des Geschäftsfeldes Rechtsberatung, Prokurist, Gesellschafter sowie Geldwäschebeauftragter bei der PLUTA Rechtsanwalts GmbH.

PLUTAkurios

Schreiben eines Gerichts

Es ist klarzustellen, dass die Berufung trotz Nichtzulassung kraft Gesetzes zulässig ist, wenn der Beschwerdegegenstand der Berufung einen Wert von 600 € übersteigt. Die Entscheidungsformel spricht lediglich aus, dass eine Berufung nicht zugelassen wird, was bedeutet, dass eine Berufung, die nur im Falle ihrer Zulassung zulässig wäre, mangels Zulassung unzulässig ist.

Hinweise
PLUTAnews erscheint zweimal jährlich mit aktuellen Branchen Insights der Sanierungs- und Restrukturierungsbranche. Nachdruck und Vervielfältigungen sind nur mit vorheriger Genehmigung von PLUTA gestattet.

Zu den Bildnachweisen

Redaktion
M. Pluta
Dr. S. Laubereau
P. Sutter
Ch. Kunz
Dr. M. Pluta