PLUTAnews Ausgabe 1
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Mehr Chancen für die Sanierung

Januar 2012

Ab März 2012 gilt ein neues Insolvenzrecht. Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) soll dazu beitragen, angeschlagene Firmen leichter fortführen zu können. Die entscheidenden Neuerungen auf einen Blick:

Karikatur - Mehr Chancen für die Sanierung

Zum 1. März 2012 tritt das ESUG in Kraft – und rückt die Sanierung von Unternehmen noch stärker in den Mittelpunkt von Insolvenzverfahren. Das Gesetz soll, so der hehre Vorsatz, zu einer neuen „Insolvenzkultur“ beitragen.

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Weniger Insolvenzen

Nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei Creditreform ging die Zahl der Insolvenzen 2011 zurück. 30.200 Unternehmen meldeten Insolvenz an; 2010 hatte diese Zahl noch bei 32.060 gelegen. Ebenfalls rückläufig war die Zahl der Verbraucherinsolvenzen. Sie sank um sechs Prozent auf 103.200. Seit Einführung der Insolvenzordnung für Privatpersonen im Jahr 1999 haben damit bereits mehr als 800.000 Bundesbürger Insolvenz angemeldet.

Baubranche besonders betroffen
Besonders anfällig für Insolvenzen sind nach wie vor Bauunternehmen: Laut Statistik meldeten in keiner anderen Branche, bezogen auf die Gesamtzahl der Unternehmen, mehr Betriebe Insolvenz an als im Baugewerbe.

Seit Dezember 2011 ist auch PLUTA-Rechtsanwalt Dr. Martin Prager vorläufiger Insolvenzverwalter eines Bauunternehmens, der Reinhold Meister GmbH aus Deggendorf. Der bayerische Spezialist für Tief- und Wasserbau beschäftigt rund 350 Mitarbeiter; bei sechs ebenfalls insolventen Tochterfirmen sind weitere 250 Mitarbeiter angestellt.

BFH-Urteil zur Umsatzsteuer gilt nur für neue Verfahren

Aufatmen in der gesamten Branche: Mit einem Schreiben stellte das Bundesfinanzministerium Ende des vergangenen Jahres klar, dass das BFH-Urteil vom 9. Dezember 2010 (V R 22/10) zur Behandlung der Umsatzsteuer im Insolvenzfall nur für Verfahren gelte, die nach dem 31. Dezember 2011 eröffnet worden sind. Bis dahin laufende Verfahren können noch nach alter Rechtslage abgewickelt und abgeschlossen werden. Die befürchteten langen Verzögerungen bei der Schlussrechnungslegung werden so vermieden.

Der Bundesfinanzhof hatte unter anderem festgelegt, dass die Umsatzsteuer auf Leistungen vor Insolvenzeröffnung auch bei einer Soll-Besteuerung zu einer Masseschuld gegenüber dem Fiskus führt, wenn die entsprechende Zahlung erst nach Eröffnung erfolgt.

Postsperre in London

Das Postgeheimnis ist im Grundgesetz verankert, dennoch zählt die Verhängung einer Postsperre zu den zulässigen Mitteln des Gläubigerschutzes. Zuletzt nahm Rechtsanwalt Dr. Martin Prager diese Maßnahme in einem Münchner Verfahren in Anspruch. Dabei ordnete das Gericht an, dass die für den Schuldner bestimmte Post samt E-Mails nicht diesem, sondern dem Insolvenzverwalter zuzuleiten sei.

Dr. Prager ging sogar noch einen Schritt weiter: Da der Schuldner einen Wohnsitz in London hatte, beantragte er eine solche Sperre auch vor einem Londoner Gericht – mit Erfolg. Erstmals wurde damit eine Postsperre von Deutschland aus für die britische Post und die E-Mails des Schuldners anerkannt.

PLUTAaktuell

Kanzlei baut Geschäft aus

Gutmann - Kanzlei baut Geschäft aus

Die Gutmann Insolvenzverwaltung mit ihren drei Standorten in Norddeutschland schließt sich der PLUTA Rechtsanwalts GmbH an. Mit jetzt 330 Mitarbeitern an 30 Standorten gehört das Unternehmen zu den drei größten Insolvenzverwalterkanzleien in Deutschland.

Hannover/Bremen Die Gutmann Insolvenzverwaltung hat sich zum Ende des vergangenen Jahres der PLUTA Rechtsanwalts GmbH angeschlossen. Damit ist die Kanzlei jetzt auch in Norddeutschland flächendeckend vertreten. Insgesamt sind 45 Mitarbeiter bei Gutmann an den Standorten Hannover, Bremen und Herford tätig, vier Insolvenzverwalter werden von 16 Amtsgerichten bestellt. Damit beschäftigt PLUTA insgesamt nun 330 Mitarbeiter an 30 Standorten in Deutschland, Spanien und Italien. Das Unternehmen arbeitet zudem im weltweiten Verbund BTG Global Network.

„Durch den Zusammenschluss sind wir im regionalen Markt noch besser aufgestellt, bündeln wichtige Kompetenzen wie Unternehmensübertragungen und werden den Anforderungen nach einer internationalen Ausrichtung der Insolvenzverwaltung gerecht“, erklärt Torsten Gutmann. Seit Jahren gehört Gutmann zu den meistbestellten Verwaltern Niedersachsens und betreute unter anderem die Insolvenzen der Großspedition RiCö, des Leiterplattenherstellers Fuba und der Brauerei Herrenhausen. Gemeinsam mit den Verwaltern Dr. Christian Kaufmann, Günther Hahn und Frank Schorisch baute er die Gutmann Insolvenzverwaltung zur zweitgrößten Kanzlei in Niedersachsen auf. Unter dem neuen Dach wird das Team seinen erfolgreichen Weg fortsetzen.

Mehr als 200 Filialen in der Insolvenz

Wissmach - Mehr als 200 Filialen in der Insolvenz

Ulm Im Oktober 2011 hat das Amtsgericht Göppingen die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der WISSMACH Modefilialen GmbH angeordnet. Da das Unternehmen frühzeitig einen Insolvenzantrag gestellt hatte, bestehen gute Chancen für eine erfolgreiche Sanierung.

Kunden können weiterhin einkaufen
Die WISSMACH Modefilialen GmbH ist ein Anbieter für Damenoberbekleidung. Das Mode-Unternehmen mit Sitz in Göppingen betrieb zuletzt deutschlandweit 229 Filialen und beschäftigt mehr als 1.000 Mitarbeiter. Auch nach der Anmeldung der Insolvenz läuft der Betrieb dort weiter: Das Gros der Geschäfte wird fortgeführt.

Angesichts der bundesweiten Ausdehnung beschritt der vorläufige Insolvenzverwalter Michael Pluta bei der Kommunikation neue Wege: Ein Video informiert Kunden sowie Mitarbeiter über die Hintergründe der Insolvenz. Auf der WISSMACH-Website wurde es bereits in den ersten Tagen hundertfach abgerufen. Die offensive Kommunikation kam auch bei anderen Firmen gut an. So nahm ein renommierter Versandhändler das Unternehmen wieder in das Sortiment auf – ein wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Sanierung.

Rote Zahlen im grauen Kapitalmarkt

München/Frankfurt Mehrere PLUTA-Insolvenzverwalter beschäftigen sich derzeit mit Insolvenzen im grauen Kapitalmarkt. Bei den München-Fonds hatten rund 2.500 Anleger knapp 60 Mio. Euro in geschlossene Fonds investiert, bei der ebenfalls in München ansässigen Global Real Estate AG hatten circa 1.000 Anleger 30 Millionen Euro als atypisch stille Gesellschafter eingebracht.

In beiden Fällen überprüft Insolvenzverwalter Dr. Martin Prager gemeinsam mit seinem Team, wie werthaltig das Portfolio der Gesellschaften ist und informiert neben den Gläubigern auch die betroffenen Anleger regelmäßig über die Arbeit. Viel Hoffnung kann er den Investoren allerdings nicht machen. Im Gegenteil: Den Anlegern droht die Rückzahlung als Vorabgewinn deklarierter Ausschüttungen aus dem Eigenkapital.

Im Frankfurter PLUTA-Büro verschafft sich der vorläufige Insolvenzverwalter Frank Mößle derzeit ebenfalls einen Überblick über eine insolvente Kapitalsammelstelle: die SÜDFINANZ Finanzanlagen.

Insolvenz-TV im Internet

Mit einem Videokanal baut PLUTA die Präsenz im Internet aus. Unter www.pluta-insolvenz.tv können sich Internetnutzer über Themen rund um eine Insolvenz informieren.

Insolvenz bedeutet nicht automatisch das Ende für ein Unternehmen, sondern kann auch neue Chancen und Wege eröffnen. Mit den Videos will die Kanzlei diese Perspektiven und die Tätigkeit eines Insolvenzverwalters auch dem normalen Bürger verständlich machen.

Derzeit sind die ersten vier Videos bei Insolvenz-TV zu sehen. Weitere Videos sowie Infofilme für Kunden und Mitarbeiter in bestimmten Insolvenzverfahren sollen folgen. Zeitgleich mit dem Launch des Videokanals hat das Unternehmen seine Website www.pluta.net neu gestaltet.

Erfolgreiche Verkäufe

Frankfurt/Stuttgart Wichtige Erfolge können die PLUTARechtsanwälte bei zwei laufenden Verfahren vermelden. In Frankfurt am Main gelang dem Insolvenzverwalter Dr. Stephan Laubereau der Verkauf der insolventen Lehrerkooperative e.V. Die Gläubigerquote beträgt 65 Prozent, alle 408 Arbeitsplätze bleiben erhalten.

Insolvenzverwalter Michael Pluta konnte die im Bau befindliche Wohnanlage Seepark in Stuttgart-Möhringen an neue Eigentümer verkaufen. Die projektierte Wohnanlage mit 467 Wohneinheiten wurde gemeinsam von der GWG-Gruppe und Bietigheimer Wohnbau erworben. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Quote von 100 Prozent

Nürnberg Die Forderungen der Gläubiger des Modelleisenbahn- Herstellers Trix aus Nürnberg werden in vollem Umfang beglichen – eine Rarität bei Insolvenzverfahren. Das Tochterunternehmen von Märklin musste im März 2009 Insolvenz anmelden. Im Sommer 2011 hatten die Gläubiger bereits 60 Prozent auf ihre Forderungen erhalten; in 2012 folgen die restlichen 40 Prozent.

Die Grundlage für die außergewöhnlich hohe Ausschüttung von 100 Prozent hatte Insolvenzverwalter Michael Pluta dadurch gelegt, dass er die Dachmarke Märklin erfolgreich sanierte und über die Betriebsfortführung die Werte von Trix erhalten konnte.

In der Grauzone

Solingen Die Partei Die Grauen – Graue Panther wurde im Jahr 2008 aufgelöst. Noch heute beschäftigt sich PLUTARechtsanwalt Stefan Conrads mit ihr. Er ist Insolvenzverwalter der Graue Panther Vermögensverwaltung GmbH.

Bei Sichtung der Unterlagen fiel Conrads ein Geschäft besonders auf. Der Sohn der Parteigründerin hat der Vermögensverwaltung GmbH ein Grundstück zu einem deutlich überhöhten Preis verkauft. Dies hat jetzt auch ein vom Gericht bestellter Sachverständiger bestätigt. Damit stehen die Vorzeichen gut, dass der Insolvenzverwalter Geld zurückfordern kann. Und ein großer Profi teur davon wäre der größte Gläubiger: der Deutsche Bundestag.

Dialog: Interview mit Dr. Juan Ferré

„Das als richtig Erkannte schnell und frei umsetzen.“

Was unterscheidet den spanischen vom deutschen Insolvenzverwalter?
Eigentlich gibt es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Denn das Modell für das spanische Insolvenzrecht war das deutsche. In Spanien musste der Richter bisher bei größeren Verfahren immer drei Verwalter bestellen. Seit 2012 gibt es aber wie in Deutschland nur noch einen Verwalter.

Gibt es Anknüpfungspunkte für eine länderübergreifende Zusammenarbeit?
Auf jeden Fall. Ich bin derzeit zum Beispiel als Sekundärverwalter bei einer europäischen Firma mit 500 Mitarbeitern bestellt. Für einen Kölner Kollegen bemühe ich mich gerade darum, das Vertrauen eines spanischen Großkunden in ein insolventes Unternehmen zu erhalten. Manchmal geht es jedoch nur darum, die Immobilie eines Schuldners in Spanien zu veräußern.

Wie stark spüren Sie die Immobilienkrise bei Ihrer Arbeit?
Tatsächlich betreue ich derzeit verstärkt Immobilienprojekte. Die Preise für Immobilien sind dermaßen gesunken, dass sie oft unter dem Wert der Hypothek liegen. Die Gläubiger- Banken nehmen die Immobilien meist in ihre Bilanz und stunden das Darlehen, um Zeit zu gewinnen. So wird sich die Krise über Jahre hinziehen.

An welches Verfahren erinnern Sie sich besonders gerne?
Ich habe vor längerem ein Krankenhaus in Madrid als Insolvenzverwalter übernommen. Damals standen zahlreiche Mitarbeiter kurz vor der Kündigung. Mittlerweile hat sich das Blatt gedreht: 200 Arbeitsplätze blieben erhalten, und das Krankenhaus macht wieder Gewinn.

Haben Sie schon einen Fußballverein der Primera Division betreuen müssen?
Noch nicht. Meine Büros sind in Barcelona und Madrid. Aber in der Tat hat es bereits viele Mannschaften aus anderen Städten erwischt. Als Fan des FC Barcelona sage ich aber: Dieser Verein wird sicher nie in Konkurs gehen.

Zur Person

Dr. Juan Ferré war bis 2012 geschäftsführender Gesellschafter der PLUTA Abogados GmbH in Spanien.

PLUTAkurios

Verfügung eines Amtsgerichts im Jahr 2011

Gemäß § 20 InsO wird angeordnet: Der Erblasser hat dem Sachverständigen auf sein Verlangen alle zur Erfüllung seines Auftrags erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dem Erblasser wird aufgegeben, sich unverzüglich mit dem oben bezeichneten Sachverständigen in Verbindung zu setzen und ihm eine vollständige Liste seines Aktiv- und Passivvermögens unter genauer Bezeichnung seiner Gläubiger und Schuldner mitzuteilen.

Der Erblasser wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung nach § 156 Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird.

Gibt es ein Leben nach dem Tod?
Ein Sachverständiger kann hier nicht weiterhelfen.
Unsere Empfehlung: Das Gericht sollte im Wege der Amtshilfe direkt mit dem Jüngsten Gericht Kontakt aufnehmen.

Hinweise
PLUTAnews erscheint dreimal jährlich mit aktuellen Branchen Insights der Sanierungs- und Restrukturierungsbranche. Nachdruck und Vervielfältigungen sind nur mit vorheriger Genehmigung von PLUTA gestattet.

Zu den Bildnachweisen

Redaktion
Dr. S. Laubereau
M. Pluta