Die Hauptdarsteller: Plan und Beauftragter
März 2020
Der präventive Restrukturierungsrahmen bietet Unternehmen die Möglichkeit, frühzeitig Sanierungsmaßnahmen anzustoßen. Die Umsetzung in deutsches Recht steht noch aus. Aber bereits heute ist klar: Der Restrukturierungsplan und der Restrukturierungsbeauftragte entscheiden mit über den Erfolg eines solchen Verfahrens.
Am 26. Juni 2019 ist die Restrukturierungsrichtlinie im Amtsblatt der Europäischen Union erschienen. Deutschland hat zwei Jahre Zeit für die Umsetzung in nationales Recht. Das Ziel der EU ist der Erhalt möglichst vieler kriselnder Unternehmen.
Zentrale Rolle: Restrukturierungsplan
Der Restrukturierungsplan stellt einen der wichtigsten Bausteine der präventiven Sanierung dar. Dieser ist im besten Fall schon im Vorfeld in Grundzügen entwickelt. Das Vermögen des Schuldners ist dabei zu bewerten, und die Ursachen für die Krise sind zu erläutern. Zentraler Inhalt sind die beabsichtigten Restrukturierungsmaßnahmen und deren Begründung.
Der Plan soll dabei nicht nur finanzielle, sondern auch operative Maßnahmen enthalten. Die Begründung muss die Aussicht dokumentieren, dass der Plan die Insolvenz des Schuldners verhindert und die Bestandsfähigkeit des Unternehmens gewährleistet ist. Der Begriff der „Bestandsfähigkeit“ ist noch zu definieren. Eine Annäherung an die „Sanierungsfähigkeit“ gemäß dem Standard IDW S 6 wäre naheliegend.
Wenn alle Gläubiger dem Plan zustimmen, ist keine gerichtliche Genehmigung nötig. Ist dies nicht der Fall, muss eine gerichtliche Bestätigung erfolgen. Stark umstritten ist dabei der sogenannte cross-class cramdown, also das Überstimmen einzelner Gläubigergruppen.
Fünf Thesen zum Restrukturierungsplan
- Die Sanierungspflicht der Schuldner sollte zu frühzeitiger Erstellung von Restrukturierungsplänen führen.
- In Gläubigerrechte soll nur insoweit eingegriffen werden, wenn dies für den Erhalt des Unternehmens notwendig ist.
- Sanierungen sollen nicht mehr von Einzelnen verhindert werden (vorteilhaft in großen Verfahren mit vielen Beteiligten).
- Das Stigma eines Insolvenzverfahrens (auch bei Verfahren in Eigenverwaltungen) soll vermieden werden.
- Das Aussetzen von Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen und das damit einhergehende Aussetzen der Insolvenzantragspflichten soll nicht zum Aushöhlen der Unternehmenswerte führen.
Drei Thesen zum Restrukturierungsbeauftragten
- Funktion ist nötig, wenn in Rechte Dritter eingegriffen wird.
- Der Beauftragte sollte die zentrale Gewährsperson für die Erstellung, Verhandlung und Begründung des Restrukturierungsplans sein.
- Befugnisse und Aufgaben sollten von der aktuellen Situation des Schuldners abhängig sein: Berater- und Moderationsfunktion bis hin zur Übernahme der teilweisen Kontrolle über die Vermögenswerte und Geschäfte.
Experten begrüßen Möglichkeiten der präventiven Restrukturierung
Der Gravenbrucher Kreis sowie der VID (Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e.V.) thematisieren in aktuellen Stellungnahmen die derzeitigen Bemühungen um die Einführung eines präventivenRestrukturierungsrahmens (siehe Titelgeschichte). Experten beider Verbände begrüßen die Möglichkeiten der Richtlinie, die positiv zu einer frühzeitigen Sanierung von Unternehmen beitragen können. Sie stellen zudem eine sinnvolle Ergänzung zu bereits bestehenden Instrumenten dar, so das Fazit des Gravenbrucher Kreises sowie des VID. Bei der Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten erachten die Experten eine gerichtliche Beteiligung in bestimmten Fällen als sinnvoll. Der Gravenbrucher Kreis plädiert jedoch für ein vom Insolvenzgericht getrenntes Verfahren.
Drei Hauptthesen des Gravenbrucher Kreises
1. Abstandsgebot: Mit Blick auf das ESUG muss bei etwaigen Neuregelungen eine deutliche Abgrenzung des präventiven Restrukturierungsrahmens zum Insolvenzverfahren gewahrt bleiben.
2. Die Vorgaben zum präventiven Restrukturierungsrahmen können das deutsche Rechtsinstrumentarium dann sinnvoll ergänzen, wenn außergerichtliche Sanierungsbemühungen an einzelnen Akteuren zu scheitern drohen. Hier könnte eine neue Restrukturierungsordnung das bisherige deutsche Instrumentarium gut ergänzen.
3. Eine Spezialisierung und Professionalisierung ausgewiesener Restrukturierungs- und Insolvenzgerichte ist notwendig, um der steigenden Komplexität der Verfahren gerecht zu werden.
Forderungen des VID
Der VID begrüßt den inzwischen vorliegenden Referentenentwurf zur Verkürzung der Restschuldbefreiung von sechs auf drei Jahre zur Umsetzung der Richtlinien-Vorgaben des Privat- und Verbraucherinsolvenzverfahrens. Zudem betont der Verband, dass der Zugang zum präventiven Restrukturierungsverfahren nur Unternehmen offenstehen sollte, die ihre unternehmensbezogenen gesetzlichen Zahlungs- sowie Buchführungs- und Bilanzierungspflichten erfüllt haben und ihre Bestandsfähigkeit für eine Verfahrensdauer von sechs Monaten nachweisen. Den Restrukturierungsbeauftragten sieht der VID als unabhängigen und sachkundigen Vertreter der Gläubigerinteressen mit einem Anforderungsprofil aus der Insolvenzverwaltung. Die Annahme des Restrukturierungsplans sollte von qualifizierten Mehrheiten nach Beträgen und Mitgliedern innerhalb einer Gruppe abhängen.
Fazit: Der deutsche Gesetzgeber muss die Richtlinie nun in nationales Recht umsetzen. Wichtig ist, dass der präventive Restrukturierungsrahmen das bestehende System optimal ergänzt.
· Michael Pluta, Michael Bremen
INSOLVENZaktuell
IDW S 2: „Anforderungen an Insolvenzpläne“ überarbeitet
Die Restrukturierungsrichtlinie (siehe Titelgeschichte) rückt auch die Insolvenzplanlösung für Verfahren wieder in den Fokus. Vor diesem Hintergrund hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) den Standard IDW S 2 zu den Anforderungen an Insolvenzpläne überarbeitet. In der jetzt überarbeiteten Fassung werden gesetzgeberische Entwicklungen (insbesondere das ESUG) stärker betont und inkonkreten Empfehlungen umgesetzt.
Zudem wird gefordert, zukünftig die Darstellung des Verfahrensablaufs zu verdeutlichen und ein Konzept nach den Kernanforderungen des IDW S 6 zu erstellen. Auch sollen präzisere Ausführungen zur Gruppenbildung, zur Quotenvergleichsrechnung, zum Debt-Equity-Swap oder zum Forderungsverzicht erfolgen. Die Neufassung des IDW S 2 ist in der ersten Ausgabe 2020 des IDW-Mitgliedermagazins veröffentlicht.
· Michael Pluta
Wie „Firmenbestatter“ mit Halbwahrheiten Geschäft machen
„Wir kaufen Ihre problembehaftete GmbH mit allen Verbindlichkeiten“. Mit diesem Angebot werben Unternehmen auf ihren Webseiten darum, kurz vor der Insolvenz stehende Unternehmen zu erwerben. Mit Verkauf der Geschäftsanteile werde außerdem der Geschäftsführer abberufen. Um den erforderlichen Insolvenzantrag kümmere sich dann der „neue“ Geschäftsführer. Der Alt-Geschäftsführer habe mit der Gesellschaft nichts mehr zu tun. Sein guter Ruf sei dann durch eine nachfolgende Insolvenz nicht belastet, so das Werbeversprechen.
PLUTA-Anwälte hatten in letzter Zeit vermehrt mit solchen Insolvenzantragsverfahren zu tun. Aus diesen Fällen ist bekannt, dass sich die neuen Geschäftsführer einiges einfallen lassen, um die Arbeit der Sachverständigen zu erschweren. Diese werden vom Gericht bestellt und sollen die Vermögenssituation des Unternehmens prüfen. Es kommt oft vor, dass dem neuen Geschäftsführer unbekannt ist, wo sich die Geschäftsunterlagen befinden. Beliebt ist auch eine Adresse des neuen Geschäftsführers in Ländern ohne Einwohnermeldeamt.
Diese Art der Firmenbestattung spielt sich in einer rechtlichen Grauzone ab. Der Verkauf von Geschäftsanteilen ist zulässig. Jedoch können die Alt-Geschäftsführer für haftungsrelevante Tatbestände weiter in Anspruch genommen werden, die bereits vor dem Verkauf des Unternehmens verwirklicht wurden.
Auch die Vernichtung der Geschäftsunterlagen bedeutet hier keine Sicherheit mehr. Über § 802l ZPO in Verbindung mit der Anordnung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung kann der Sachverständige umfassend Kontobewegungen auf den Firmenkonten nachvollziehen. Fehlen dann für Auszahlungen Belege, geht dies zu Lasten des Alt-Geschäftsführers.
· Dr. Stephan Laubereau
Fazit
Sogenannte Firmenbestatter nutzen die Ängste der Geschäftsführer vor einer möglichen Insolvenz. Sie bieten jedoch keine Hilfestellung für das kriselnde Unternehmen und entbinden auch nicht von einer Haftung. Anstatt Geld für die Firmenbestattung auszugeben, sollte ein Geschäftsführer besser in eine ordentliche anwaltliche Beratung investieren. Die Werbung der Firmenbestatter hält nicht, was sie verspricht.
PLUTAaktuell
Hochwertige Deutschkurse weiter im Angebot
Stuttgart Gute Nachrichten für die Sprachkurs-Teilnehmer und Lehrer der insolventen ifa-Akademie aus Stuttgart: Rechtsanwalt Michael Pluta hat den Geschäftsbetrieb an die renommierte Kolping-Gruppe verkauft. Damit können die gut ausgebildeten Fachkräfte weiterhin Deutsch unterrichten. Auch der Name der Bildungseinrichtung bleibt erhalten. Der Käufer gehört zu den bedeutendsten Bildungsträgern Süddeutschlands und übernimmt festangestellte Mitarbeiter und Honorarkräfte. Die Kolping-Gruppe wird die Akademie auf gewohnt hohem Niveau weiterbetreiben.
Investorenlösung für tradierten Werkstoffspezialist
Leipzig Die WPM Werkstoffprüfsysteme GmbH ist ein Unternehmen mit knapp 140 Jahren Tradition: Ihre Geschichte reicht bis ins Jahr 1881 zurück. Anfänglich stellte der Handwerksbetrieb Waagen her. In den 50er Jahren war WPM eines der bedeutenden Unternehmen der DDR mit über 1.000 Mitarbeitern. Durch eine Investorenlösung kann die Tradition nun erhalten bleiben: Nach nur vier Monaten verkaufte Insolvenzverwalter Dr. Stephan Thiemann die Gesellschaft an ein Unternehmen aus der Branche. Dieses übernahm auch alle Mitarbeiter.
Renommierter Confiserie-Hersteller gerettet
Osnabrück Leysieffer – dieser Name steht für hochwertige und außergewöhnliche Schokoladen- und Pralinenerzeugnisse. Das bereits in vierter Generation geführte Familienunternehmen vertreibt die Confiserie-Produkte deutschlandweit. 2019 erfolgte der Antrag auf Eigenverwaltung, um notwendige Restrukturierungsmaßnahmen umzusetzen. PLUTA-Anwalt Stefan Meyer begleitet seither das Verfahren als Sachwalter. Anfang 2020 meldete das Unternehmen einen Erfolg: Ein Investor ist gefunden, 260 Arbeitsplätze bleiben erhalten. Die Sanierung wird per Insolvenzplan realisiert, somit bleibt das traditionsreiche Unternehmen bestehen.
Herausfordernde Betriebsfortführung gemeistert
Hamburg Sobald eine Apotheke einen Insolvenzantrag stellt, wird es für den vorläufigen Insolvenzverwalter schwierig. Der Grund dafür ist das strenge Apothekengesetz. Direkt nach dem Antrag folgt daher meist die Einstellungsverfügung der Aufsichtsbehörden für den Betrieb. Die von den PLUTA-Sanierungsexperten angestrebte Betriebsfortführung wird dadurch eine Herausforderung für alle Beteiligten. Umso erfreulicher daher die von Rechtsanwalt Christian Heim und seinem Team erzielte Lösung im Fall einer Apotheke aus der Nähe von Hamburg. Nicht nur die Fortführung gelang – auch erzielten die Experten eine Investorenlösung nach nur acht Wochen. Der Käufer übernahm alle Mitarbeiter.
Lösung in letzter Minute für Metallverarbeiter
Singen Spannung bis zur letzten Minute erzeugte der Investorenprozess der Maier Drehtechnologie GmbH in Baden-Württemberg: Insolvenzverwalter Florian Schiller verkaufte den Spezialisten für anspruchsvolle Metalldrehteile an einen regionalen Investor. Und das Ergebnis ist doppelt positiv: Alle Top-Kunden bleiben weiter an Bord. Außerdem übernahm der Käufer über 50 der zuletzt rund 70 Beschäftigten.
Kaufland kauft Dormacenter
Düsseldorf Auf einer Fläche von über 10.000 Quadratmetern bietet das Dormacenter Platz für ein Fachmarktzentrum, Gastronomie und ein Kino. Aufgrund des hohen Leerstands folgte 2019 die Insolvenz, doch nun gibt es eine Lösung. Kaufland hat einen Kaufvertrag für das in der Innenstadt gelegene Dormacenter abgeschlossen. Der Käufer gehört zu den filialstärksten Vollsortimentern Deutschlands und ist damit ein verlässlicher Partner. Sachwalter Michael Bremen freut sich über die Lösung: Das Angebot von Kaufland war eindeutig das beste im Interesse aller Gläubiger.
PLUTA wächst weiter
Ulm / Berlin / Frankfurt PLUTA expandiert weiter. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht Dr. Hubertus Bartelheimer aus Berlin schloss sich mit einem fünfköpfigen Team der Gesellschaft an. Dr. Bartelheimer verfügt über Erfahrung in der Restrukturierungs- und Sanierungsberatung und war mehr als 15 Jahre in der Insolvenzverwaltung tätig. Seit Anfang des Jahres ist auch Sebastian Laboga, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Steuerberater und Wirtschaftsmediator als geschäftsführender Gesellschafter mit seinem 40-köpfigen Team an Bord. Er zählt zu den meistbestellten Insolvenzverwaltern Deutschlands. Das Wachstum in der Hauptstadt bringt einen Umzug in neue Büroräume mit sich ebenso zieht das Büro in Essen an eine neue Adresse. Mit dem Zugang von Laboga ist PLUTA seit Jahresbeginn zusätzlich in Bochum, Dormund, Erfurt und Rostock vertreten. Auch in Frankfurt am Main freut sich das Team über renommierte Neuzugänge: Die Rechtsanwälte Philipp Meyer und Philip Konen verstärken mit ihrer Expertise die Insolvenzverwaltung bzw. Restrukturierung am hessischen Standort.
Modeunternehmen mit positivem Blick in die Zukunft
Bielefeld Passend zum Start in das neue Jahr hat Gerry Weber das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung abgeschlossen. Besonders positiv ist, dass die Gläubiger mit weit überdurchschnittlichen Quoten zwischen 31 Prozent und mehr als 50 Prozent rechnen können. Sachwalter Stefan Meyer freut sich über das Ergebnis, da auch viele Arbeitsplätze gerettet wurden. Im Zuge der Restrukturierung mussten zwar Filialen in Deutschland geschlossen werden, aber Gerry Weber ist mit über 3.400 Mitarbeitern noch immer eines der größten Modeunternehmen Europas. Genauso erfolgreich war das Verfahren eines weiteren Unternehmens aus der Branche: Der Modehändler Peacock aus dem Münsterland, bei dem Meyer als Insolvenzverwalter tätig ist, hat einen Investor gefunden. Der Großteil der Arbeitsplätze und Filialen bleibt erhalten.
Im Gespräch
März 2020
Maßnahmen umsetzen – profitabel wirtschaften
Herr Glück, die PLUTA Management GmbH ist Experte für Unternehmensplanung und Sanierungskonzepte. Welche Kompetenzen werden von Ihnen als Chief Restructuring Officer (CRO) oder Interimsmanager gefordert?
Wesentlich ist, dass der Kunde unmittelbar nach dem Erstkontakt das Gefühl bekommt, dass man sich unaufgeregt, schnörkellos und mit höchstem Sachverstand und Engagement der Aufgabe stellt. Daher muss ich Verständnis zeigen für die Situation der Gesellschaft und der Gesellschafter und darf auf keinen Fall eventuelle Fehlentscheidungen der Vergangenheit verurteilen. Mein oberstes Ziel ist es, dass das Unternehmen wieder profitabel wirtschaften kann.
Können Sie verdeutlichen, wie Sie ein Unternehmen wieder auf Kurs bringen?
Als CRO muss ich rasch die Potenziale im Führungskreis identifizieren und gemeinsam mit diesem einen Masterplan für die Sanierung aufstellen. Die Umsetzung geht nur mit den Gesellschaftern und den Mitarbeitern aller Ebenen. Der CRO hat dabei die Umsetzungsverantwortung, d. h. ich muss das Unternehmen und die Produkte verstehen und die Sanierungsmaßnahmen durchführen. Eine Powerpoint-Präsentation mit 100 Folien ist nett, aber schlussendlich zählen das Handeln und die Umsetzung.
Ist Erfahrung in diesem Geschäft sehr wichtig?
Ja, Seniorität und Souveränität helfen in vielen Situationen. In den vergangenen Jahren wurde ich in acht Unternehmen zum Geschäftsführer bestellt und habe über 20 Interimsmandate übernommen. Im Übrigen ist heute das Internet das perfekte Medium um herauszufinden, ob jemand die für die CRO-Funktion benötigten Erfahrungen und Erfolge nachweisen kann.
Insbesondere der Automotive-Sektor steht vor einem großen Umbruch. Sie betreuen seit vielen Jahren Unternehmen in dieser Branche. Wohin geht die Entwicklung?
Dass Deutschland vor einem Umbruch steht, ist eine Möglichkeit, die Situation zu beschreiben. Zu einem Umbruch gehört aber für gewöhnlich, dass man klar und eindeutig weiß, wohin man zukünftig steuern will. Das ist genau das Dilemma der Automotive-Branche! Die deutsche Politik setzt voll auf die Elektromobilität, was für die deutsche Automobilwirtschaft problematisch ist, da sie international ausgerichtet ist.
Und derzeit weiß niemand, welche Konzepte und welche Antriebstechnologien sich durchsetzen werden. Diese Unsicherheit ist das Hauptproblem.
Was bedeutet das für die Sanierung von Unternehmen dieser Branche konkret?
BMW hat z. B. angekündigt, noch bis zum Jahr 2030 Diesel-Motoren bauen zu wollen. Hier kann auch ein CRO nicht wirklich einen langfristigen Sanierungsansatz wählen. Da sind zu viele technologische Parameter offen. Automotive-Unternehmen sollten daher in zwei Zeithorizonten denken. Kurzfristig geht es darum, notwendige Anpassungen durchzuführen, das eigene Unternehmen zu stabilisieren und wieder profitabel zu machen. Langfristig angelegte Maßnahmen sind dann nötig, wenn die Geschäftsführung sicher ist, in welche Richtung die Branche steuern wird.
Ein großes Thema ist Industrie 4.0. Worin sehen Sie hier die größten Herausforderungen?
4.0 ist erst der Anfang! In größeren mittelständischen Unternehmen ist 4.0 kein Novum. Vielmehr ist es die digitale Transformation. Als Beispiel kann ich die Druckindustrie nennen. Dort wurden vor zehn Jahren noch Maschinen gebaut und an Kunden verkauft. Heute werden digital vernetzte Maschinen aufgestellt, und der Kunde zahlt nur für das bedruckte Papier. Ein völlig neuer Ansatz. Auch Unternehmen aus anderen Branchen müssen neu denken und insbesondere die Maschinenbauer sind gefordert, sich mehr am Kundennutzen auszurichten. Auf diese Weise werden neue Geschäftsmodelle entstehen. Es ist wichtig, dass sich die Unternehmen darauf vorbereiten.
Sie treffen täglich viele Menschen in unterschiedlichen Unternehmen. Wie schaffen Sie in Ihrer Freizeit den Ausgleich?
Ich fahre seit 48 Jahren sehr aktiv Ski und fliege seit exakt 40 Jahren. Fliegen ist allerdings nur dann möglich, wenn man den Kopf frei hat. Daher betreibe ich gemeinsam mit meiner Frau und meinen Kindern Obstbau als Nebenerwerbslandwirt. Die Natur redet nicht. Sie wirkt ohne Worte!
Vielen Dank für das Gespräch.
· Patrick Sutter
Zur Person
Jochen Glück ist Diplom-Betriebswirt (FH) und war bis 2020 Geschäftsführer der PLUTA Management GmbH.
PLUTAkurios
Schreiben eines Schuldners gegen das Urteil eines Amtsgerichts:
„Entgegen der Annahme des Gerichts können Probleme mit der Solvenz nicht die Zahlungsunfähigkeit begründen.“ Papier und Richter müssen manchmal viel Geduld beweisen.