PLUTAnews Ausgabe 30
Wir helfen Unternehmen.

Automobilindustrie im Rückwärtsgang
Strukturkrise nachhaltig überwinden

Mai 2025

Absatzrückgänge, hohe Kosten und der Wandel zur Elektromobilität setzen Hersteller und Zulieferer unter Druck. Es bedarf gezielter Lösungen, um eine Trendwende zu erreichen.

Die Automobilindustrie, eine Schlüsselbranche der deutschen Wirtschaft, steht vor erheblichen Herausforderungen. Die Auslastung deutscher Automobilbaukapazitäten liegt nur noch bei zwei Dritteln, was Dominoeffekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette auslöst. Viele Unternehmen geraten in eine Ertrags- und Liquiditätskrise, da die Nachfrage deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibt.

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Fazit: Die Autoindustrie kann die strukturellen Herausforderungen bewältigen, aber die Zeit drängt. Eine klare Strategie, gezielte staatliche Unterstützung und unternehmerische Innovationskraft sind die Schlüssel zur Bewältigung der Krise.

Die Restrukturierungsexperten Michael Pluta und Bernd Richter waren zu Gast im Podcast „Turned Around“ und sprachen über aktuelle Krisenfälle der Automobilbranche.

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Transaktionen
Nachfolgelösungen bei KMU durch Verkauf an Private-Equity-Gesellschaften

Die Nachfolgeplanung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) stellt viele Unternehmer vor Herausforderungen. Besonders in Zeiten des demografischen Wandels wird es zunehmend schwieriger, geeignete Nachfolger für das eigene Lebenswerk zu finden. Der Verkauf an Private-Equity-Gesellschaften ist eine mögliche Lösung, um eine nachhaltige und zukunftsfähige Fortführung des Unternehmens zu gewährleisten.

Herausforderung der Nachfolge
Die Suche nach einem geeigneten Nachfolger gestaltet sich oft schwierig: Die Nachfolge innerhalb des Unternehmens zu regeln, erfolgt heute seltener als früher. Besonders in ländlichen Regionen und in hochspezialisierten Branchen stellt die Nachfolgesuche eine enorme Herausforderung dar. Hinzu kommt, dass potenzielle Erwerber oft nicht in der Lage sind, den meist hohen Kaufpreis für ein erfolgreiches Unternehmen aufzubringen oder zu finanzieren. Ein weiterer wichtiger Faktor ist der demografische Wandel.

Private-Equity als mögliche Lösung
Im Kontext der Nachfolgeproblematik von KMU gewinnen Übernahmen durch Private-Equity-Gesellschaften zunehmend an Bedeutung. Der Vorteil für den verkaufenden Unternehmer besteht darin, dass er sein Unternehmen auch bei einem hohen Wert zu einem angemessenen Preis an eine professionelle und solvente Gesellschaft verkaufen kann. Sie verfügt über notwendiges Kapital, Managementerfahrung, strategische Expertise, Strukturen und Know-how, um das Unternehmen erfolgreich weiterzuführen. Gleichzeitig erfolgt eine Fortführung des eigenen Lebenswerks.

Zudem bleibt dem verkaufenden Unternehmer oft eine gewisse operative Freiheit und eine lukrative Beschäftigung erhalten, etwa wenn er als angestellter Geschäftsführer oder Berater weiter im Unternehmen tätig bleibt. Für Private-Equity-Gesellschaften stellt der Erwerb von KMU eine attraktive Möglichkeit dar, in Unternehmen mit etablierten und erfolgreichen Geschäftsmodellen zu investieren und neue (geografische) Märkte zu erschließen. Ein entscheidender Vorteil ist, dass KMU in den meisten Fällen eine langfristige Perspektive durch den Investor erhalten, der auf nachhaltiges Wachstum und Innovation setzt. Dies schafft für den Unternehmer die Möglichkeit, sich beispielsweise bei Erreichen des Renteneintrittsalters aus dem operativen Geschäft zurückzuziehen und dennoch von einer erfolgreichen Weiterentwicklung zu profitieren.

Besonderheiten bei freien Berufen
Besonderheiten bestehen hinsichtlich der Übernahme von Betrieben Angehöriger freier Berufe, die berufsrechtlichen Vorgaben unterliegen, wie etwa Arztpraxen. Obwohl hier regulatorische Vorgaben, insbesondere hinsichtlich der Thematik der Fremdbeteiligung von externen Investoren, zu beachten sind, handelt es sich beim Verkauf solcher Betriebe um für Verkäufer und Käufer gleichermaßen attraktive Transaktionen.

Diese werden allerdings durch die aktuellen gesetzgeberischen Bemühungen zunehmend erschwert. Vor dem Hintergrund der fehlenden Erwerbsbereitschaft aus dem jeweils eigenen Berufsträgerkreis wirft diese Entwicklung drängende Fragen zur zukünftigen (medizinischen) Versorgung auf.

Positive Marktsituation
Der Markt für M&A-Transaktionen bei KMU zeigt sich aktuell dynamisch. Investoren aus dem PE-Bereich sind besonders an mittelständischen Unternehmen interessiert, die Potenzial für weiteres Wachstum bieten. In vielen Fällen sind die Marktbedingungen positiv, was den Verkauf von Unternehmen zu attraktiven Preisen begünstigt.
· Dr. Norman Werner und Susanna Schmollinger

Überblick: Nachfolgewünsche und Stilllegungspläne im Mittelstand in den Jahren 2024 und 2025

Nachfolgewünsche und Stilllegungspläne im Mittelstand in den Jahren 2024 und 2025

Aktuelle Nachrichten

Dreifacher M&A-Erfolg. Gleich drei Investorenlösungen begleiteten die Experten der PLUTA Management. Für die beiden insolventen Möbelhersteller Staud und Leuwico wurden trotz schwieriger Rahmenbedingungen Asset Deals unterzeichnet, die rund 200 Arbeitsplätze sichern. Zudem wurde die dänische Tochtergesellschaft KA Interiør, die nicht im Verfahren war, im Rahmen eines Share Deals an ein Family Office verkauft. Das Team um Nikolaus Röver und Simon Eickmann war für die Identifizierung potenzieller Käufer und die Vertragsverhandlungen verantwortlich.

Mode-Deal. Das Team der PLUTA Management hat den Käufer beim Erwerb des Damenmodespezialisten Angels beraten. Die Firma Lefaxx Jeans aus Istanbul ist ein etabliertes Familienunternehmen in der Textilindustrie mit über 600 Mitarbeitern. Beide Unternehmen sind profitabel und wachstumsstark. Mit der Übernahme möchte Lefaxx Jeans seinen Expansionskurs fortsetzen. PLUTA war für die ganzheitliche Prozessbegleitung auf Käuferseite verantwortlich inklusive der Koordination aller finanziellen, rechtlichen und steuerlichen Themen.

Sanierung von Krankenhäusern

Restrukturierung
Sanierung von Krankenhäusern: Operation unter schwierigen Bedingungen

Der alte Bundestag hat Ende 2024 mit Zustimmung des Bundesrats das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz beschlossen, um die Probleme der Krankenhäuser zu lösen. Durch die Gesetzesänderungen soll die Krankenhausfinanzierung auf neue Füße gestellt werden. Die wesentlichen Punkte sind die Einführung von 65 Leistungsgruppen sowie Mindestqualitätsanforderungen für die Zuweisung einer solchen Leistungsgruppe. Damit wird dann – als ein neues Finanzierungsinstrument – neben der Fallpauschale auch eine Vorhaltevergütung gezahlt. 60 % der bisherigen Fallpauschalen werden durch das Vorhaltebudget gesichert, 40 % müssen über die Behandlungsfälle getragen werden.

Umsetzung zieht sich bis ins Jahr 2027
Die Reform wird vielfach kritisiert. Statt einer Entbürokratisierung gibt es einen zusätzlichen Dokumentationsaufwand durch das Nebeneinander von Fallpauschalen, der Vorhaltevergütung und der daneben noch bestehenden Pflegepauschale. Die Umsetzung wird sich nach einhelliger Ansicht bis ins Jahr 2027 hinziehen und sorgt nicht zur aktuellen Verbesserung der dramatischen wirtschaftlichen Situation der Krankenhäuser.

Laut Pressemitteilung der Deutschen Krankenhaus Gesellschaft vom 27.12.2024 ist die Lage so schlecht wie noch nie: 61 % der Häuser haben im Jahr 2023 Verluste verzeichnet, nach endgültiger Vorlage der Zahlen für das Jahr 2024 rechnen 79 % der Häuser mit Verlusten. Der Pflegenotstand und die Preissteigerungen bei Personal- und Sachkosten bewirken einen starken Druck auf die Liquiditätssituation. Die Insolvenzgefahr steigt.

Insolvenzantragspflicht beachten
Für viele Häuser besteht aktuell ein erheblicher Restrukturierungsbedarf. Hinzu kommt, dass sie nicht wissen, ob sie in der zukünftigen Krankenhausplanung berücksichtigt und, wenn ja, welche Leistungsgruppen ihnen zugeteilt werden. Die für die Geschäftsplanung notwendigen Parameter stehen nicht fest. Da nicht nur die eingetretene Zahlungsunfähigkeit, sondern auch eine innerhalb der nächsten zwölf Monate eintretende Zahlungsunfähigkeit bei gleichzeitiger Vermögensunterdeckung zu Liquidationswerten zu einer Insolvenzantragspflicht führt, stehen die Geschäftsleiter vor einem Dilemma. Sie müssen fortlaufend die Durchfinanzierung für die nächsten zwölf Monate sicherstellen, gegebenenfalls durch Einfordern beim Gesellschafter, oder einen Insolvenzantrag stellen.

Ist Letzteres notwendig, gelten folgende Rahmenbedingungen: Bei genereller Fortführungsperspektive stimmt die Bundesagentur einer Insolvenzgeldvorfinanzierung für drei Monate zu und Personalkosten sind zunächst nicht zu leisten. Nachteilige Verträge müssen nicht fortgesetzt und Altforderungen nicht bedient werden. Eine möglicherweise nötig werdende Umstrukturierung gelingt meist leichter. Dennoch müssen sich die Häuser schon jetzt neu aufstellen, gut laufende Abteilungen stärken und andere schließen. Der Insolvenzplan ist so aufzustellen, dass die Ergebnisse für die Gläubiger besser sind als bei den Alternativen, wie z. B. einer Schließung. Möglicherweise ist die Hereinnahme weiterer Investoren als Gesellschafter sinnvoll. Für Krankenhäuser, die die Grundversorgung insbesondere auf dem Land sicherstellen müssen, heißt das: Ihre Gesellschafter müssen – entweder mit oder ohne Insolvenz – die Übergangszeit bis zur Umsetzung der Krankenhausreform finanzieren.
· Torsten Gutmann und Dr. Christian Kaufmann

Aktuelle Nachrichten

Erfolgreicher Abschluss. Die Sanierung des Modehändlers Yeans Halle mit mehreren Filialen in Baden-Württemberg und Bayern ist erfolgreich beendet. Sanierungsexperte Steffen Beck hat gemeinsam Michael Reichold einen Insolvenzplan erstellt, dem die Gläubiger einstimmig zugestimmt haben. Nach rund einjähriger Betriebsfortführung bleibt das Unternehmen erhalten – ebenso wie rund 250 Arbeitsplätze. Die Gläubiger erhalten eine überdurchschnittliche Quote.

Hohe Quote in der Eigenverwaltung. Gläubiger erhalten im Durchschnitt eine einstellige Insolvenzquote. Dies gilt jedoch nicht im Verfahren des Babynahrungsherstellers Töpfer aus dem Allgäu. Die Restrukturierungsexperten um Dr. Maximilian Pluta, Ludwig Stern und Florian Zistler erreichen im Eigenverwaltungsverfahren eine Quote von mindestens 43 Prozent. Die Gläubiger stimmten dem Insolvenzplan im Erörterungs- und Abstimmungstermin einstimmig zu.

Erfolgreicher Abschluss

Insolvenz
Krypto Assets im Insolvenzverfahren

Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum haben sich zu einer festen Größe im Finanzsektor entwickelt. Und oft stellt sich die Frage, ob diese im Falle einer Insolvenz oder Zwangsvollstreckung pfändbar sind. Ende 2024 haben Bundestag und Bundesrat noch Finanzmarktregelungen beschlossen, die Regelungslücken bei der Aussonderung von Kryptowerten schließen sollen. Am 27.12.2024 wurde im BGBl. I, Nr. 438 das Finanzmarktdigitalisierungsgesetz (FinmadiG) veröffentlicht. Da Kryptowerte in Sammelverwahrung ohne gesonderte Regelung grundsätzlich nicht aussonderungsfähig waren, wurde schon zum 15.12.2023 eine Regelung in § 46i KWG eingeführt, wonach die Werte als dem Kunden gehörig gelten, so dass sie ausgesondert werden können.

Kryptowährungen als Vermögenswert
Kryptowährungen wie der Bitcoin sind reine Datensätze und werden als sogenanntes „digitales Gut“ betrachtet. Es handelt sich nicht um Sachen im Rechtssinne, da ihnen die „verkörperte Sacheigenschaft“ fehlt. Deshalb kann es auch kein Eigentum an ihnen geben, sondern lediglich die Zuweisung eines Rechts. Sie werden dezentral verwaltet und alle Transaktionen in einer Blockchain gespeichert. Anders als bei traditionellen Währungen gibt es bei Bitcoin keine zentrale Institution wie eine Zentralbank, die einen Bitcoin ausgibt. Bitcoins werden durch mathematische Berechnungsverfahren „geschürft“, die Maximalzahl des Bitcoins ist systemimmanent auf 21 Millionen Stück begrenzt. Die Verwaltung erfolgt über private Schlüssel, die dem Besitzer Zugang zu den in der Blockchain gespeicherten Bitcoins ermöglichen. Diese Schlüssel werden bei einem Dienstleister in einer digitalen Wallet gespeichert.

Pfändbarkeit der Kryptowährungen
Kryptowährungen sind wie andere Vermögensgegenstände eines Schuldners pfändbar. D.h. vom Insolvenzbeschlag sind auch Bitcoin und Co. umfasst. Die Pfändbarkeit ist dabei nicht ohne Herausforderungen. Während klassische Vermögenswerte wie Bankkonten oder Immobilien relativ einfach identifiziert und gepfändet werden können, stellt sich bei Kryptowährungen die Frage, wie diese im Falle einer Pfändung erfasst werden können.

Vor allem, weil die Eigentümer in digitalen Wallets anonym auftreten oder ihre Zugänge zu Kryptohandelsplätzen auf privaten Geräten speichern, die nicht ohne Weiteres unmittelbar einsehbar sind. Bisher konnte einem Insolvenzschuldner lediglich im Wege der Mitwirkungspflicht gem. § 98 InsO eine entsprechende Erklärung abverlangt werden.

Ziele des Gesetzes
Mit dem FinmadiG wird der europäische Rechtsrahmen aus der Verordnung MiCa (Markets in Crypto Assets), die Neufassung der EU-Geldtransferverordnung und das Sicherheitspaket DORA (Digital Operational Resilience Act) in nationales Recht überführt. In Übereinstimmung mit der Verordnung EU 2023/1113 werden die bisherigen europäischen Regeln zur Bekämpfung von Finanzkriminalität auf Transfers ausgeweitet. Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen werden damit verpflichtet, bei Transaktionen Angaben über Auftraggeber und Begünstigte der von ihnen durchgeführten Transfers von Kryptowerten zu erheben, zu übermitteln und zugänglich zu machen, um so die Rückverfolgung der Transaktionen zu ermöglichen. Hieraus ergibt sich eine neue Erkenntnisquelle, Inhaber von Kryptowährungen ausfindig zu machen und entsprechende Werte zu pfänden.

Fazit
Die Pfändbarkeit von Bitcoin in Deutschland ist grundsätzlich gegeben. Die Identifizierung des Besitzes sowie der Zugang zu den digitalen Assets waren bisher schwierig und von der Mitarbeit des Inhabers abhängig. Das Finanzmarktdigitalisierungsgesetz wird die Auffindbarkeit entsprechender Werte erleichtern.
· Heinz-Joachim Hombach

Aktuelle Nachrichten

Kunst in luftiger Höhe. Die Immobiliengesellschaft des Büroturms Trianon, mit 186 Metern eines der zehn höchsten Hochhäuser in Deutschland, ist seit Sommer 2024 im Insolvenzverfahren. Insolvenzverwalter Dr. Stephan Laubereau und Immobilienexperte Sascha Witt führen den Betrieb des Frankfurter Büroturms weiter. Dabei gehen sie auch überraschende Wege, um die Chancen auf eine Vermarktung der Flächen zu erhöhen. Ein Highlight zum Jahresbeginn 2025 war die Kunstausstellung House of Galleries der Frankfurt Art Experience. In den ehemaligen Vorstandsetagen im 43. und 44. Stock präsentierten zahlreiche Galerien zeitgenössische Kunst. Aufgrund der außergewöhnlichen Lage war der Zutritt beschränkt, die Karten für die exklusive Veranstaltung schnell vergriffen. Solche Maßnahmen tragen dazu bei, die Aufmerksamkeit für das Objekt zu steigern. Im Video wurde das außergewöhnliche Event für Interessierte festgehalten: https://www.frankfurtexperience.art

Neustart gelungen. Das Traditionsunternehmen KOLBUS aus Ostwestfalen mit einer Firmenhistorie von 249 Jahren blickt in eine positive Zukunft. Im Eigenverwaltungsverfahren des Maschinenbauunternehmens übernimmt die Max Valier Holding den Geschäftsbetrieb und rund 270 Mitarbeiter. Stefan Meyer war als Sachwalter tätig und begleitete das Verfahren, die Betriebsfortführung und den abgeschlossenen Investorenprozess im Interesse der Gläubiger.

PLUTAintern

Nach 14 Jahren engagierter Mitarbeit verabschieden wir Dr. Stephan Laubereau aus unserer Newsletter-Redaktion. Mit seinem Fachwissen, seiner Begeisterung für Branchendiskussionen und seinem Gespür für Themen hat er maßgeblich dazu beigetragen, unsere PLUTAnews stets neu zu denken und für Sie als Leser spannende Inhalte zu entwickeln. Wir danken Dr. Stephan Laubereau herzlich für seinen Einsatz.

Neu im Redaktions-Team sind Dr. Maximilian Pluta und Dr. Ruth Rigol.

Interview
Wer würde Ihre Firma vermissen?

Herr Röver, Sie haben bereits rund 100 Transaktionen begleitet – was gilt es zu beachten, damit eine Transaktion für den Verkäufer erfolgreich verläuft?
Es ist entscheidend, dass das Geschäftsmodell des Unternehmens und die aktuelle Marktsituation genau verstanden werden. Konkret bedeutet das: Die Verantwortlichen müssen wissen, wer die wichtigsten Kunden und Lieferanten sind, wie die Wettbewerbssituation aussieht, und wer die Preissetzungsmacht besitzt. Der letzte Punkt ist im Übrigen auch die entscheidende Frage für einen der erfolgreichsten Investoren, Warren Buffet, bei seinen Investitionsentscheidungen. Daher frage ich Mandanten immer zuerst: „Welcher Kunde vermisst Sie, wenn Sie morgen nicht mehr da sind? Und, warum?“ Daraus entwickele ich dann die Transaktionsstrategie und die sogenannte Equity Story, um das optimale Ergebnis zu erzielen.

Unterscheidet sich die Strategie auf beiden Verhandlungsseiten, d.h. für Verkäufer und Käufer?
Eigentlich gibt es ja drei Seiten, den Verkäufer, den Käufer und das Unternehmen mit seinem Management, das auch Eigeninteressen hat. Alle drei Seiten haben ihre eigene Agenda, die verstanden werden muss, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Der Verkäufer möchte einen hohen Preis, der Käufer das genaue Gegenteil und das Unternehmen, vertreten durch das Management, eine sichere Zukunft, im Branchentalk „Safe haven“ genannt. Beim Verständnis für die unterschiedlichen Interessenlagen hilft es mir, dass ich über zehn Jahre als Unternehmensberater, Geschäftsführer und Chief Restructuring Officer (CRO) operativ in Mittelstandsunternehmen tätig war. Einem Berater, der die Unternehmenswelt nur aus dem eigenen Büro kennt, fehlt dieser Blickwinkel.

Gibt es Branchen, in denen Transaktionen besonders komplex sind?
Ja, die gibt es. Mandanten aus dem deutschen Mittelstand, die im Maschinenbau und in der Automotive-Branche tätig sind, sind beispielsweise oft sehr international aufgestellt. Davon profitierten das Unternehmen und seine Bewertung. Es erhöht aber natürlich die Komplexität eines Unternehmenskaufs oder -verkaufs erheblich.

Können Sie uns konkrete Beispiele dafür erläutern?
Der letzte deutsche Fernsehhersteller, Metz aus Zirndorf bei Nürnberg, wurde an die chinesische Skyworth Gruppe verkauft. Da habe ich mit meinem damaligen Team die komplexen Schlussverhandlungen in Shenzhen und in Hongkong geführt, und wir konnten uns seinerzeit noch auf Hongkonger Recht verständigen. Das entsprach den London Market Standards. Ein anderes Beispiel war Langenscheidt. Den Verkauf dieses traditionsreichen Unternehmens an den Klett Verlag habe ich 2019 begleitet. Wenn zwei Unternehmen mit sehr hohen Marktanteilen fusionieren, stellt die wettbewerbsrechtliche Situation eine große Herausforderung dar. Es mussten viele Verhandlungen mit dem Bundeskartellamt geführt werden.

Wo liegen die Hauptunterschiede zwischen einer Distressed Transaktion und einer Transaktion eines „gesunden Unternehmens“?
Die Rahmenbedingungen eines Distressed Deals sind grundsätzlich sehr spezifisch, und als Berater benötigt man hier viel Erfahrung. Es gibt in einem solchen Fall eben nicht nur die drei üblichen Player: Käufer, Verkäufer und Unternehmen. Eine Rolle spielen zusätzlich Bankenkonsortien, Insolvenzverwalter, Gläubigerausschüsse und das Insolvenzgericht. Dazu kommen noch die hohen Geschwindigkeitsanforderungen an den gesamten Prozess und die häufig nicht ausreichende Zahlen- und Datenverfügbarkeit zum Unternehmen. All das erfordert kreative, pragmatische und schnelle Vorgehensweisen.

Sie zeichnet besonders aus, dass Sie Transaktionen von Anfang bis Ende begleiten. Was bedeutet das konkret für Ihre Mandanten?
Ich habe etliche „Stammkunden“, mit denen ich schon viele Transaktionen begleitet habe. Die buchen häufig das „All-Inklusive-Paket“, um sich selbst auf ihre vielfältigen operativen Aufgaben zu konzentrieren. Dann übernehme ich mit einem eingespielten Team vom ersten Tag an alle M&A-spezifischen Aufgaben. Wir koordinieren auch die anderen Berater, wie zum Beispiel die Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Sachverständige und auch das Management. Diese vollumfängliche Betreuung ist sehr effizient und führt häufig zu den besten wirtschaftlichen Ergebnissen. Alle wichtigen Entscheidungen werden mit dem Mandanten vorab abgestimmt und dann final durch die zuständigen Gremien getroffen. Wir begleiten die Verhandlungen und erst nach dem Closing, wenn das Geld auf dem Konto ist, endet unsere Verantwortung. Ein sehr spannender Prozess.

Welche aktuellen Trends beobachten Sie derzeit im deutschen und internationalen Markt bei Mergers&Akquisitions?
Es gibt heute kaum eine Branche, die nicht vor großen, wirtschaftlichen Herausforderungen steht. Die Investorensuche wird für uns damit immer schwieriger. Potenzielle Investoren überlegen sehr genau, die Verhandlungen werden häufig mit großer Härte bis ins letzte Detail geführt. Hier ist besonders viel Verhandlungsgeschick notwendig.

Gibt es eine besondere fachliche Herausforderung, die Sie gerne annehmen würden?
Gerne würde ich in einem großen Restrukturierungsfall einmal frühzeitig die Rolle des „Chief-M&A Officers“ übernehmen. Dann kann der M&A-Prozess sehr früh unternehmensintern optimal vorbereitet werden, und der Verkauf wird noch vollumfänglicher betreut.

Wenn Sie einem jungen Kollegen einen Karrieretipp geben müssten: Was ist die wichtigste Fähigkeit für eine erfolgreiche M&A-Karriere?
Neben dem fachlichen Know-how sind aus meiner Sicht vor allem Neugierde und die Offenheit für Menschen ganz entscheidend. 50 Prozent meiner Tätigkeit ist Verhandlungsführung, und da spielen psychologische Faktoren oftmals eine größere Rolle als reine Jura- oder BWL-Kenntnisse.

Wenn Sie nicht in der Restrukturierung tätig wären – was wäre Ihr Traumberuf?
Dann wäre ich gerne als Ski- und Bergführer in den Bergen unterwegs, um echte Gipfel mit meinen Kunden zu erklimmen.

Vielen Dank für das Gespräch.
· Christiane Kunz

Nikolaus Röver 2

Nikolaus Röver
Rechtsanwalt, Master of Business Administration (MBA)

Zur Person

Nikolaus Röver ist Gesellschafter der PLUTA Management GmbH. Er verantwortet bei PLUTA den Geschäftsbereich Transaktionen.

PLUTAkurios

Schreiben an den Insolvenzverwalter:

Anbei unsere Anmerkungen zur Treuhandvereinbarung. Mit Ausnahme finaler redaktioneller Anpassungen ist diese aus unserer Sicht – vorbehaltlich der finalen Freigabe unseres Mandanten – final.

„Ein Text ist nicht dann vollkommen, wenn man nichts mehr hinzufügen kann, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann.“
Antoine de Saint-Exupery

Hinweise
PLUTAnews erscheint zweimal jährlich mit aktuellen Branchen-Insights der Sanierungs- und Restrukturierungsbranche. Nachdruck und Vervielfältigungen sind nur mit vorheriger Genehmigung von PLUTA gestattet.

Zu den Bildnachweisen

Redaktion
B. Richter
Dr. N. Werner
S. Schmollinger
T. Gutmann
Dr. Ch. Kaufmann
H.-J. Hombach


Dr. M. Pluta
Dr. R. Rigol
P. Sutter
V. Herzog
C. Kunz